Barrierefreiheit am Bahnhof Hasbergen
Der Abgeordnete Martin Bäumer (CDU) hatte gefragt:
Die Gemeinde Hasbergen im Landkreis Osnabrück plant gegenwärtig die Sanierung des örtlichen Bahnhofsumfeldes. Dabei ist die Erhöhung der Benutzerfreundlichkeit ein Hauptziel von Gemeindeverwaltung und Kommunalpolitik. Beispielsweise sollen zukünftig neue PKW- (Park & Ride) und Fahrradstellplätze (Bike & Ride) für Pendler entstehen. Auch das Land Niedersachsen wird mit Mitteln aus dem ÖPNV-Förderprogramm die Maßnahme finanziell unterstützen.
Mit ihren Bemühungen liegt die Gemeinde Hasbergen offensichtlich auf der Höhe der Zeit; denn am 9. Februar 2010 erschien ein Artikel in der Neuen Osnabrücker Zeitung mit dem Titel „Für barrierefreien Landkreis - Behindertenbeirat gegründet“. Dort wird berichtet, dass der Beirat als Schwerpunkt seiner künftigen Arbeit zunächst die Verbesserung der unbefriedigenden Situation der Bahnhöfe im Landkreis Osnabrück für Menschen mit einer Körperbehinderung sieht.
Die Deutsche Bahn AG verhält sich hingegen nach Einschätzung von Beobachtern eher zurückhaltend im Bezug auf Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung des Bahnhofs. Auf Nachfrage der örtlichen Politik, ob die Deutsche Bahn im Zuge der Sanierung den Gleiszugang durch eine kleine bauliche Veränderung barrierefrei gestalten könne, antworteten Verantwortliche, dass eine derartige Bemühung aufgrund der Fahrgastfrequentierung betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll sei.
Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs bereits ein neues Seniorenheim entstanden ist und in Zukunft außerdem noch ein Wohnheim für Menschen mit Behinderung errichtet wird, frage ich die Landesregierung:
- Wie beurteilt die Landesregierung die Einschätzung der Deutschen Bahn AG, dass eine barrierefreie Gestaltung des Gleiszugangs als betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll angesehen wird?
- Welche Fahrgastfrequentierung müsste der Bahnhof der Gemeinde Hasbergen erreichen, damit eine barrierefreie Gestaltung des Zugangs als betriebswirtschaftlich sinnvoll eingestuft wird und die Gemeinde Fördermittel erhält?
- Welche Initiative hat die Landesregierung ergriffen, um den Zustand zu ändern?
Über die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit eines Ausbaus der Infrastruktur – hierzu gehören auch die bedienten Bahnhaltepunkte auf den Strecken – entscheiden nicht die Aufgabenträger bzw. das Land Niedersachsen, sondern der Eigentümer der Infrastruktur.
Mit Inkrafttreten der Bahnreform im Jahr 1994 ist die Deutsche Bahn AG als privatrechtlich organisiertes Unternehmen Eigentümer und Betreiber der Schieneninfrastruktur der Bundesschienenwege. Die Verantwortung des Bundes für die Schieneninfrastruktur ist in Artikel 87 e IV Grundgesetz (GG) festgelegt und wird in weiteren Gesetzen konkretisiert. Die Mitwirkungsrechte des Landes sind danach stark eingegrenzt.
Trotzdem beteiligt sich Niedersachsen in vielen Fällen an der Modernisierung und barrierefreien Gestaltung von Bahnhöfen, da das Land als Besteller von Schienenpersonennahverkehrsleistungen an einer funktionierenden und modernen Infrastruktur interessiert ist. Aktuell werden beispielsweise 38 Stationen im Rahmen des Bahnhofsmodernisierungsprogramms „Niedersachsen ist am Zug 2“ aufgewertet.
Beim Ausbau der Haltepunkte spielen wirtschaftliche Aspekte eine entscheidende Rolle. Beim Abschluss der Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) zwischen dem Bund und der Deutschen Bahn AG (DB AG), die die Verwendung von zugewiesenen Mitteln des Bundes zur Modernisierung der Schieneninfrastruktur regelt, wurden die Kriterien zwischen diesen vereinbart. Enthalten sind so z.B. Bestimmungen für den barrierefreien Ausbau von Stationen, die festlegen, dass eine Mindestzahl von 1.000 Ein- und Aussteigern täglich erreicht werden muss, damit ein barrierefreier Ausbau mit Bundesmitteln finanziert werden kann.
Auch das Bahnhofsumfeld, das sich in der Regel aber nicht im Eigentum der DB AG befindet, sondern den Städten, Gemeinden und Landkreisen zuzuordnen ist, wird vielerorts den Bedürfnissen der Benutzer angepasst. So werden auch in Hasbergen für eine bessere Benutzerfreundlichkeit in den Jahren 2010 und 2011 Park & Ride und Bike & Ride Stellplätze errichtet. Niedersachsen fördert die Maßnahme mit ca. 50 % der Gesamtinvestitionssumme.
Dieses vorausgeschickt, wird die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt beantwortet:
Zu 1.:
Zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs am Bahnhof Hasbergen wäre die Installation von zwei Aufzügen notwendig, die ein Kostenvolumen von ca. 800.000 - 900.000 € umfassen. Auf Grund der geringen Frequentierung von ca. 440 Fahrgästen, die in Hasbergen täglich ein- und aussteigen, und der hohen Investitionssumme liegen die Fördervoraussetzungen, die zwischen Bund und DB AG vereinbart wurden, nicht vor.
Zu 2.:
Auf die Vorbemerkungen wird verwiesen.
Zu 3.:
Stationen der DB AG gehören zum bundeseigenen Schienennetz und stehen damit zunächst allein in der finanziellen Verantwortung der DB AG bzw. des Bundes. Trotzdem fördert das Land Niedersachsen die Modernisierung der Stationen mit erheblichen Mitteln (>230 Mio. € seit 1996) im Rahmen von gesonderten Förderprogrammen (Niedersachsen ist am Zug 1 und 2) oder im Rahmen von Infrastrukturprojekten, um die Entwicklung eines attraktiven SPNV zu ermöglichen. Soweit die Förderprogramme im Zusammenwirken mit Bund und DB AG aufgelegt werden, muss das Land sich an deren Fördervoraussetzungen orientieren. Dies gilt z.B. für das Programm „Niedersachsen ist am Zug 2“, bei dem 60 % des Finanzierungsrahmens vom Bund und 10% von der DB AG getragen werden.
Hasbergen ist hinsichtlich der Verbesserung des Bahnhofumfeldes, aber nicht hinsichtlich barrierefreier Zugänge am Bahnhof, in den aktuellen Förderprogrammen des Landes enthalten. Von der zukünftigen Entwicklung der finanziellen Randbedingungen für den SPNV wird abhängen, ob und unter welchen Voraussetzungen Bahnhofsmodernisierungsmaßnahmen durch das Land unterstützt werden können.
Artikel-Informationen
erstellt am:
18.08.2010