Ausbau der BAB 1
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 19.08.2010 - TOP 27. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage des Abgeordneten Jan-Christoph Oetjen (FDP)
Der Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) hatte gefragt:
Bei der Erweiterung der Autobahn 1 zwischen Bremen und Hamburg kommt es beiderseits der Autobahn zu Enteignungen von Grundstückseigentümern. Diese Grundstückseigentümer werden für die Enteignung entschädigt. Dabei werden vor Ort nach einem Gutachten festgelegte Preise gezahlt. Diese Preise werden in der Gemarkung Sottrum, Landkreis Rotenburg, immer häufiger von den Grundstückseigentümern als nicht marktüblich und zu niedrig angesehen.
Ich frage die Landesregierung:
- Auf welcher Basis wird im Rahmen des Gutachtens der ortsübliche Preis für landwirtschaftliche Flächen festgelegt, und welche Rolle spielen Faktoren wie Hofnähe, Bodenpunkte und Dränagen bei der Festlegung?
- Wie viele Fälle von Grundstücksan- und -verkäufen in der Gemarkung Sottrum, die oberhalb des festgelegten Gutachterpreises gelegen haben, aber nicht in die Berechnung eingeflossen sind, sind der Landesregierung bekannt, und aus welchen Gründen wurden diese Kaufverträge bei der Berechnung des Einheitswertes nicht berücksichtigt?
- Sind das Land und die Niedersächsische Landgesellschaft bereit, Flächen in der Gemarkung Sottrum oder umliegenden Gemarkungen zum festgelegten Gutachterpreis an von Enteignungen betroffene Landwirte abzugeben?
Die Grundstückspreise werden den Entschädigungsgrundsätzen des Bundes entsprechend durch einen neutralen Gutachterausschuss ermittelt und – wie in diesem Fall – in einem Gruppengutachten dargestellt. Jegliche Beeinflussung der Bodenpreise durch den Konzessionsnehmer ist daher ausgeschlossen.
Die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (GAG) sind selbständige Gremien. Sie sind für den Bereich einer Behörde für Geoinformation, Landentwicklung und Liegenschaften (GLL) gebildet und i. d. R. für mehrere Landkreise und kreisfreie Städte zuständig.
Die Gutachterausschüsse bestehen aus einem Vorsitzenden, seinem Stellvertreter und weiteren ehrenamtlichen Gutachtern wie Architekten, Bausachverständigen, Immobilienkaufleuten, Landwirten und sonstigen in der Grundstückswirtschaft erfahrenen Personen. Aufgabe der GAG ist es, zur Grundstücksmarktransparenz beizutragen und Gutachten über den Verkehrswert von Grundstücken zu erstellen. Die Geschäftsstellen der GAG führen eine Kaufpreissammlung, in der jeder Grundstückskaufvertrag erfasst und ausgewertet wird. Auf der Grundlage der Kaufpreissammlung ermittelt der jeweilige GAG Bodenrichtwerte und eine Vielzahl von Grundstücksmarktdaten, die in jährlich erscheinenden Grundstücksmarktberichten veröffentlicht werden.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Die Bodenwerte für die landwirtschaftlichen Flächen in der Gemarkung Sottrum, die durch den Ausbau der Bundesautobahn A1 in Anspruch genommen werden sollen, sind in einem Gruppengutachten durch den GAG Verden ermittelt worden. Die Gruppengutachten dienen als Grundlage für den Abschluss von 500 Grundstückskaufverträgen.
Die Bewertung durch Gruppengutachten entspricht gängiger Praxis und wurde bereits in zahlreichen Verfahren angewendet. In Gruppengutachten wird eine Gruppe von Grundstücken gleicher Nutzung mit im Übrigen durchschnittlichen Qualitäts- und Zustandsmerkmalen bewertet. Die Inanspruchnahme von hofnahen Flächen wird in der Regel nicht in Gruppengutachten erfasst. Die Beeinträchtigung dieser sog. Hofanschlussflächen wird jedoch als Nebenentschädigung berücksichtigt und entschädigt. Besonderheiten einzelner Grundstücke wie Dränagen oder die Bodengüte (ausgedrückt in den Bodenpunkten der Bodenrichtwertkarten) sind grundsätzlich keine Bewertungsgrundlage der hier angewendeten Gruppengutachten. Soweit Dränagen betroffen sind, werden diese bauseitig wieder hergestellt oder im Wege der Nebenentschädigung dem Betroffenen entschädigt.
Die Bodenwerte sind aus dem nutzungsspezifischen Mittelwert abgeleitet worden und entsprechen damit dem Verkehrswert. Der im Baugesetzbuch definierte Verkehrswert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre.
Alle im Einzellfall von den durchschnittlichen Merkmalen abweichenden Grundstückseigenschaften können gleichwohl grundsätzlich durch ein Einzelgutachten aufgeklärt und monetär bewertet werden.
Zu 2.:Die im gewöhnlichen Geschäftsverkehr in den Jahren 2007 bis 2009 erzielten Kaufpreise sind in die Ermittlung des Bodenwertes eingeflossen. Im Gruppengutachten wird auf durchschnittliche Wertverhältnisse und nicht auf „Höchstpreise“ abgestellt. Die ermittelten Bodenwerte sind nutzungsspezifisch aus dem Mittelwert abgeleitet worden. In die Wertfindung sind infolgedessen Kaufpreise eingeflossen, die oberhalb und auch unterhalb der im Gruppengutachten ermittelten Bodenwerte realisiert worden sind.
Zu 3.:
Sofern geeignete Flächen vorhanden sind, besteht die Bereitschaft des Landes und der NLG, die Flächen zum gutachterlichen Wert dieser Flächen an von Enteignung betroffene Landwirte abzugeben.
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erstellt am:
19.08.2010