Lang-Lkw - Ökologisch wertvolle und kostengünstige Ergänzung des Güterverkehrs?
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 09.12.2010 - TOP 22. Antwort von Verkehrsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Karsten Heineking und Dirk Toepffer (CDU)
Die Abgeordneten Karsten Heineking und Dirk Toepffer (CDU) hatten gefragt:
Prognosen zur künftigen Entwicklung des Güterverkehrs in den kommenden Jahren ist zu entnehmen, dass es bereits kurzfristig zu einem Zuwachs des Verkehrsaufkommens um rund 20 % kommen wird. Dabei werden Lastkraftwagen voraussichtlich rund 70 % der Verkehrsleistung absolvieren. Bis 2050 ist mit einer Verdopplung der Güterverkehrsleistung auf Deutschlands Straßen zu rechnen. Dies erfordert schnelle und effiziente Maßnahmen, um den künftigen Verkehrsfluss zu regulieren.
Der derzeit von der Bundesregierung geplante und vom Land Niedersachsen unterstützte Feldversuch zur Genehmigung von Lang-Lkw ist eine Alternative, um eine Entlastung des Verkehrsaufkommens bei gleichzeitiger Verhinderung weiteren Verschleißes der Straßeninfrastruktur zu bewirken. Gerade Transporteuren von Volumentransporten bietet sich die Gelegenheit, durch geringere Transport- und Betriebskosten sowie die hiermit einhergehende Verminderung des Ausstoßes von Kohlenstoffdioxid eine ökologisch wertvolle Transportkette aufrechtzuerhalten.
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie beurteilt die Landesregierung die Bedeutung des derzeit von der Bundesregierung geplanten Feldversuchs zur Zulassung von Lang-Lkw, an dem sich auch das Land Niedersachsen beteiligt?
- Welche Einsparpotenziale sind vor dem Hintergrund künftig wachsender Güterverkehre nach der Zulassung von Lang-Lkw in Bezug auf die allgemeinen Betriebskosten sowie die Emissionswerte zu erwarten?
- Welche Streckenabschnitte des niedersächsischen Straßennetzes sind nach derzeitigem Planungsstand dafür geeignet, in Feldversuch und Praxis Lang-Lkw aufzunehmen?
Niedersachsen führte von 2006 bis 2007 als erstes Bundesland einen begrenzten Pilotversuch mit drei Fahrzeugkombinationen von 25,25 m Länge auf ausgewählten Strecken durch. Der Versuch wurde durch die Universität Hannover wissenschaftlich begleitet und anschließend ausgewertet.
Die Auswertung zeigte, dass sich die Lang-Lkw auf den ausgewählten Strecken ohne Probleme in den Verkehrsablauf integrierten. Das Fahrzeughandling war nach Aussagen der Fahrer vergleichbar mit dem von Standardlast- bzw. Sattelzügen. Auch das Befahren von Baustellen und Verschwenkungen bereitete keine Probleme. Kritische Situationen mit anderen Verkehrsteilnehmern traten nicht auf. Insgesamt wurde der Versuch durch die Teilnehmer positiv bewertet.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Nach dem im niedersächsischen Pilotversuch und in entsprechenden Versuchen anderer Bundesländer zunächst einmal die grundsätzliche Eignung der Lang-LKW mit wenigen Versuchsfahrzeugen überprüft wurde, soll der bundesweite Feldversuch wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse auf Basis einer größeren Anzahl von Fahrzeugen und eines größeren Streckennetzes liefern. Zusätzliche Untersuchungsaspekte sind dabei unter anderem die Verbesserung der Co-Modalität mit dem Schienengüterverkehr sowie die Nutzung von Abstellflächen auf Autobahnraststätten und auf Autohöfen.
Vorrangiges Ziel des Feldversuchs ist es, eine wissenschaftlich fundierte Basis für eine sachliche Diskussion zu schaffen, die sowohl die ökonomischen und ökologischen Chancen dieser innovativen Nutzfahrzeugkonzepte berücksichtigt, als auch den Sorgen der Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich möglicher Risiken Rechnung trägt. Gleichzeitig soll ermittelt werden, unter welchen konkreten Rahmen- und Einsatzbedingungen eine spätere generelle Zulassung von Lang-Lkw möglich erscheint.
Da die Landesregierung bereits seit Jahren eine weitere Erprobung innovativer Nutzfahrzeugkonzepte fordert, wird dem geplanten Feldversuch der Bundesregierung eine hohe Bedeutung zugemessen.
Zu 2.:
Lang-Lkw verfügen im Vergleich zu herkömmlichen LKW über ein um 50% vergrößertes Ladevolumen bei nur geringfügig erhöhtem Kraftstoffverbrauch (ca. 10-15%). Das bedeutet, dass zwei Lang-Lkws im Idealfall drei herkömmliche LKW ersetzen können. Im niedersächsischen Modellversuch (Begrenzung des Gesamtgewichts auf 40t) sank der Kraftstoffverbrauch je transportiertem Kubikmeter um ca. 30%. Da Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß linear zusammenhängen, reduziert sich dieser ebenfalls um ca. 30% bezogen auf den transportierten Kubikmeter. Auch der Ausstoß anderer Schadstoffe wie Stickoxide, Kohlenwasserstoffe und Partikel wird bezogen auf den transportierten Kubikmeter verringert. Durch die mögliche Einsparung von Fahrern ist darüber hinaus eine Reduzierung der Personalkosten zu erwarten. Gleichzeitig kann damit dem heute schon vorhandenen Mangel an Fahrern begegnet werden, der sich vor dem Hintergrund des demografischen Wandels sicher noch verschärfen wird.
Zu 3.:
Im Rahmen des Feldversuchs der Bundesregierung sollen nur Lang-Lkw mit maximal 40 t (44 t im kombinierten Verkehr) zulässigem Gesamtgewicht eingesetzt werden, die die gleichen Anforderungen an das Kurvenlaufverhalten erfüllen wie „Normal-Lkw-Kombinationen“. Damit sind nach heutigem Planungsstand die Bundesautobahnen und mit Einschränkungen die Bundesstraßen in Niedersachsen grundsätzlich geeignet. Zufahrten zu Industriegebieten, Logistikzentren und Autohöfen können nach entsprechender Prüfung in das freizugebende Netz aufgenommen werden. Das Befahren von Innenstädten und Wohngebieten ist weder geplant noch gewollt, da das Betreiben von Lang-Lkw in diesen Gebieten aus Sicht potentieller Nutzer betriebswirtschaftlich keinen Sinn macht.
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erstellt am:
09.12.2010