Entwicklung des Gesundheitstourismus in Niedersachsen
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 27.05.2011 - TOP 26. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Gabriela König (FDP)
Die Abgeordnete Gabriela König (FDP) hatte gefragt:
Der Gesundheitstourismus ist ein zukunftsträchtiger Wachstumsmarkt, und auch für Niedersachsen ist das Potenzial im Kur- und Gesundheitstourismus von großer Bedeutung. Insgesamt bieten 44 Kurorte und Heilbäder, 16 Luftkurorte und 47 Erholungsorte neben den traditionellen Kur- und Rehabilitationsmaßnahmen Gesundheits- und Wellnessurlaub an.Um langfristig im Bereich des Gesundheitstourismus erfolgreich zu sein, müssen die Betriebe hochwertige Leistungen sowohl im Bereich herkömmlicher Urlaubselemente, wie beispielsweise im Service, als auch in der Gesundheitsförderung bieten.
Ich frage die Landesregierung:
- Wie hat sich die Anzahl der mit dem Gesundheitstourismus verbundenen Übernachtungen in Niedersachsen in den letzten fünf Jahren entwickelt, und von welcher Entwicklung geht die Landesregierung für die Zukunft aus?
- Für welche Maßnahmen bzw. unter welchen Bedingungen können Fördermittel zur Steigerung der Angebotsqualität im Bereich des Gesundheitstourismus beantragt werden?
- Welche spezifischen Schwerpunktsetzungen erwartet die Landesregierung von den genannten Fördermaßnahmen?
Der demographische Wandel und die steigende Lebenserwartung der Menschen, verbunden mit den immer höheren Anforderungen des privaten und beruflichen Alltags, führen in der deutschen Bevölkerung zu einer wachsenden Nachfrage nach Gesundheitsangeboten. Die Bereitschaft, Gesundheitsvorsorge im Sinne des „Sich-fit-haltens“ eigenverantwortlich zu betreiben, ist groß, ebenso die Bereitschaft, die Kosten für diese Maßnahmen privat zu tragen. In Anbetracht der zu erwartenden zurückgehenden Leistungen der Sozialversicherungsträger sowie des hohen Potentials an „Selbstzahlern“ durch den anhaltenden Gesundheitstrend muss es Ziel sein, diesen touristischen Wachstumsmarkt in den niedersächsischen Reisedestinationen auszuschöpfen.
Für die Heilbäder und Kurorte im Land ist es eine große Herausforderung, in diesem Umfeld marktfähig zu werden bzw. zu bleiben. Schon heute finden rund 61 % aller Übernachtungen – bezogen auf die amtliche Statistik - in den Tourismusorten mit Prädikat statt. Um die Wettbewerbsfähigkeit im nationalen und internationalen Wettbewerb zu erhalten und auszubauen, müssen die Heilbäder und Kurorte sich durch ständige Innovation, Qualitätssteigerung und Reorganisation weiterentwickeln. Zukunftsfähige Ideen und an den Wünschen und Bedürfnissen der Zielgruppen ausgerichtete Angebote sind gefordert. Die Tourismusförderung des Landes unterstützt die Orte dabei.
Ergänzend dazu wird das Thema der komfort- und gesundheitsorientierten Reisen seit dem Jahr 2010 von der Tourismusmarketing Niedersachsen GmbH (TMN) im Auftrag der Landesregierung durch die Kampagne „Genießen Sie sich“ landesweit weiterentwickelt und verstärkt am Markt etabliert.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Übernachtungen in Kurorten, Heilbädern, Luftkurorten, Erholungs- und Küstenbadeorten in den Jahren 2006 – 2010 (amtliche Statistik)
Kurorte, Heilbäder, Luftkurorte, Erholungs- und Küstenbadeorte |
2006 18.917.085 |
2007 19.076.532 |
2008 19.254.531 |
2009 22.683.193 |
2010 22.986.614 |
davon Kurorte/Heilbäder |
15.665.147 |
15.851.892 |
16.068.051 |
17.907.919 |
17.877.239 |
davon Luftkurorte |
1.403.338 |
1.304.789 |
1.260.872 |
1.435.850 |
1.461.294 |
davon Erholungsorte/Küstenbadeorte |
1.848.600 |
1.919.851 |
1.925.608 |
3.339.424 |
3.648.081 |
Statistisch gesehen gibt es keine getrennte Erfassung von Übernachtungen, die speziell durch den Gesundheitstourismus generiert werden. Die Tatsache, dass die o.a. Übernachtungen in prädikatisierten Orten stattfinden, lässt keine verbindlichen Schlüsse auf die gesundheitsbezogenen Motive zu. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Zahl derer, die einen ausgewiesenen Gesundheitsurlaub mit entsprechenden Anwendungen machen, deutlich kleiner ist, als die derjenigen, die in einem Gesundheitsstandort generell ihre Ferien verbringt (zum Beispiel bedient Norderney noch weitere Reiseformen wie den Badeurlaub, den Erholungsurlaub, den Familienurlaub und das Segment MICE („meetings, incentives, congresses and events“).
Aussagekräftiger bezüglich eines speziellen Aufenthaltes mit Gesundheitsanwendungen ist die nachstehende Darstellung. Übernachtungen in Vorsorge- und Rehakliniken stellen reine Gesundheitsurlaube dar und dienen dem Abbau selbst empfundener oder diagnostizierter gesundheitlicher Defizite. Die Darstellung erfasst allerdings nicht jene Übernachtungen, die durch privat finanzierte medizinisch indizierte Gesundheitsurlaube generiert worden.
Reisegebiete |
2006 |
2006 |
2007 |
2007 |
2008 |
2008 |
insgesamt |
Vorsorge- /Rehakliniken |
insgesamt |
Vorsorge- /Rehakliniken |
insgesamt |
Vorsorge- /Rehakliniken |
|
Ostfriesische Inseln |
4.877.136 |
709.882 |
5.009.776 |
758.683 |
4.974.615 |
773.468 |
Nordseeküste |
5.361.326 |
388.475 |
5.629.549 |
446.772 |
5.790.545 |
474.049 |
Ostfriesland |
1.147.275 |
169.859 |
1.199.559 |
. |
1.204.150 |
180.858 |
Unterelbe-Unterweser |
616.738 |
- |
616.473 |
- |
691.746 |
- |
Oldenburger Land |
436.708 |
- |
434.965 |
- |
473.772 |
- |
Oldenburger Münsterland |
460.282 |
. |
546.083 |
. |
565.144 |
. |
Grafschaft Bentheim, Emsland |
1.791.392 |
. |
1.883.376 |
. |
1.905.189 |
. |
Osnabrücker Land |
1.574.305 |
615.708 |
1.593.277 |
622.136 |
1.639.241 |
639.616 |
Mittelweser |
491.970 |
- |
532.007 |
- |
591.781 |
- |
Lüneburger Heide |
4.708.694 |
. |
4.870.609 |
428.513 |
5.060.553 |
. |
Weserbergland-Südniedersachsen |
2.753.655 |
959.994 |
2.799.169 |
980.315 |
2.833.657 |
1.004.092 |
Hannover-Hildesheim |
3.102.821 |
125.017 |
3.226.340 |
138.068 |
3.518.739 |
146.961 |
Braunschweiger Land |
1.189.628 |
- |
1.255.106 |
- |
1.315.096 |
- |
Harz |
3.347.743 |
606.252 |
3.213.500 |
578.806 |
3.150.187 |
650.612 |
Insgesamt |
31.859.673 |
3.575.187 |
32.809.789 |
3.953.293 |
33.714.415 |
3.869.656 |
Reisegebiete |
2009 |
2009 |
2010 |
2010 |
insgesamt |
Vorsorge- /Rehakliniken |
insgesamt |
Vorsorge- /Rehakliniken |
|
Ostfriesische Inseln |
5.219.095 |
772.969 |
5.217.868 |
811.201 |
Nordseeküste |
7.218.461 |
. |
7.145.545 |
542.529 |
Ostfriesland |
1.355.483 |
188.664 |
1.404.700 |
188.308 |
Unterelbe-Unterweser |
715.065 |
. |
777.587 |
. |
Oldenburger Land |
522.706 |
. |
586.078 |
. |
Oldenburger Münsterland |
620.972 |
. |
678.208 |
. |
GEO* |
4.038.881 |
. |
4.475.978 |
876.950 |
Mittelweser |
622.443 |
- |
681.924 |
- |
Lüneburger Heide |
5.876.401 |
470.197 |
5.813.987 |
510.078 |
Weserbergland-Südniedersachsen |
3.043.438 |
1.003.455 |
3.046.733 |
982.982 |
Hannover-Hildesheim |
3.634.765 |
141.337 |
3.878.134 |
133.160 |
Braunschweiger Land |
1.395.266 |
. |
1.480.403 |
. |
Harz |
3.328.225 |
683.688 |
3.291.800 |
615.047 |
Insgesamt |
37.591.201 |
3.260.310 |
38.478.945 |
4.660.255 |
Zu 2.:
Die Förderbedingungen für Maßnahmen im Bereich Tourismus sind in der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Tourismuswirtschaft geregelt (Erl. d. MW v. 17.07.2007– 23–32330/0200; Nds. MBl. 38/2007, S. 979). Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist die Förderung von Maßnahmen im Bereich Gesundheitstourismus, z. B. die Attraktivierung und der Neubau von Gesundheitsbädern sowie die Optimierung von Kurmitteleinrichtungen.
Mögliche Fördergegenstände sind u. a.
- die Schaffung erlebnisorientierter Infrastruktureinrichtungen;
- die Modernisierung von Infrastruktureinrichtungen, die für die jeweilige touristische Region ein besonderes Entwicklungspotenzial besitzen bzw. die Optimierung touristischer Infrastruktur auf Basis touristischer Masterpläne zur verstärkten Erschließung gesundheitswirtschaftlicher Potenziale durch Förderung von Kurmitteleinrichtungen;
- regionale, zielgruppenorientierte oder thematische Kooperations- und Vernetzungsprojekte, die eine engere Zusammenarbeit der Regionen bewirken bzw. zur Realisierung von Investitionsvorhaben über Gemeindegrenzen hinweg beitragen;
- nicht-investive Projekte zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Tourismuswirtschaft.
Eine Förderung ist seit 01.01.2011 bis zu 50% der zuwendungsfähigen Kosten möglich, bei nicht investiven Projekten bis zu 30%. Die Förderhöhe ist derzeit auf max. 1 Mio. Euro begrenzt. Im absoluten Einzelfall kann einer Erhöhung der Fördersumme auf 2 Mio. Euro erfolgen. Bei der Bewertung der Qualitätskriterien ist eine Mindestpunktzahl von 75 Punkten erforderlich. Es werden nur Einrichtungen gefördert, die nachweislich zu mehr als 50% touristisch genutzt werden oder eine entsprechend hohe touristische Nutzung erwarten lassen.
Zu 3.:
Mit Umsetzung der im Jahr 2005 in Kraft getretenen Kurortverordnung hatte sich die Landesregierung das Ziel gesetzt, sowohl einheitliche Standards und eine deutliche Qualitätssteigerung der niedersächsischen Kurorte und Heilbäder zu erreichen, als auch die Wettbewerbsfähigkeit gesundheitstouristischer Produkte und Dienstleistungen zu steigern. Dieses Ziel ist erreicht worden. 107 Orte haben bis zum Jahresende 2010 eine neue Anerkennungsurkunde erhalten.
Mit den Fördermaßnahmen im gesundheitstouristischen Bereich setzt die Landesregierung diesen Weg zur Stärkung der niedersächsischen Heilbäder und Kurorte konsequent fort. Seit 2007 wurden 12 Maßnahmen aus dem Bereich Gesundheitstourismus mit rd. 19 Mio. Euro unterstützt. Rd. 90% der geförderten Projekte befinden sich in einem Kurort bzw. Heilbad.
Durch die geförderten Maßnahmen wird die Wettbewerbsfähigkeit der niedersächsischen Tourismuswirtschaft durch zielgruppenorientierte, zukunftsfähige Einrichtungen, Angebote und Maßnahmen weiter gestärkt. Die Heilbäder und Kurorte werden dabei unterstützt, die gestiegenen Qualitätserwartungen der Gesundheitstouristen an einen modernen Kurort bzw. ein modernes Heilbad zu erfüllen. Insgesamt werden die Förderungen Gesamtinvestitionen von mehr als 43 Mio. € im Bereich Gesundheitstourismus in Niedersachsen auslösen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
27.05.2011