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Arbeitsplatzsicherung im Reisekonzern TUI AG

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 13.10.2011 - TOP 21. Antwort von Arbeitsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Ursula Weisser-Roelle (LINKE)


Die Abgeordnete Ursula Weisser-Roelle (LINKE) hatte gefragt:

Nach Presseinformationen vom 29. und 30. September 2011 sollen beim Reiseveranstalter TUI AG 550 Stellen gestrichen werden, davon 400 bei TUI Deutschland in der Konzernzentrale Hannover sowie weitere 150 bei der Unternehmenstochter TVS (Callcenter, Airportstationen). Größtenteils betroffen von den Entlassungen seien Medienberichten zufolge Leiharbeiterinnen bzw. Leiharbeiter und befristet Beschäftigte.

Während auf der einen Seite 550 Stellen bei der TUI AG gestrichen werden, hat der TUI-Vorstand Medienberichten zufolge die Chefetage von TUI Deutschland von zwei auf vier Geschäftsführer vergrößert. „Es ist ein völlig falsches Signal, die Zahl der Offiziere zu erhöhen, während Teile der Mannschaft von Bord gehen müssen“, wird ver.di-Bundesvorstandsmitglied Petra Gerstenkorn in der Neuen Presse vom 30. September zitiert.

Wirtschaftsminister Jörg Bode (FDP) wird in der Neuen Presse vom 30. September zitiert, dass ein Beschäftigungsabbau „offenbar unumgänglich ist“. Bode gehe davon aus, „dass dann das Notwendige getan ist, den Standort Hannover langfristig zu sichern.“

Es wird in Medieninformationen nicht erkennbar, was die Landesregierung und vor allem ihr Wirtschaftsminister Jörg Bode konkret getan haben, um den Abbau von mehreren Hundert Stellen der TUI AG in Niedersachsen zu verhindern.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie ist die derzeitige Aktionärsstruktur des Reisekonzerns TUI AG?
  2. Welche Ursachen liegen dem Abbau von 550 Arbeitsplätzen bei der TUI AG zugrunde?
  3. Was unternimmt die Landesregierung an konkreten, kontrollfähigen Schritten für die Sicherung von Standort und Beschäftigten des Reisekonzerns TUI in Hannover?
Arbeitsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Die TUI AG ist Europas führender Touristikkonzern mit den drei Geschäftsbereichen TUI Travel, TUI Hotels & Resorts und TUI Kreuzfahrten. Die Zahl der Beschäftigten liegt insgesamt bei rund 71.000 Mitarbeitern. Hauptaufgabe des Konzerns ist die strategische Steuerung der einzelnen Geschäftsbereiche. Gleichzeitig nimmt die TUI AG klassische Holdingfunktionen wahr. Konzernsitz ist der Standort Hannover.

Nicht die TUI AG baut Arbeitsplätze ab, sondern die TUI Deutschland GmbH. Diese wiederum ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der TUI Travel plc. In London, an der die TUI AG mit über 50 Prozent beteiligt ist. Die restlichen Aktien der britischen Muttergesellschaft befinden sich überwiegend in den Händen von institutionellen Anlegern.

Die TUI Deutschland GmbH ist mit mehr als 20 Prozent Marktanteil der führende Reiseveranstalter in Deutschland mit der Kernmarke TUI und zahlreichen weiteren bekannten Marken. Bei der TUI Deutschland GmbH sind rund 2.100 Mitarbeiter am Standort Hannover beschäftigt. Bei der TUI Vertriebs- und Service GmbH arbeiten rund 650 Mitarbeiter.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Die Verteilung des Grundkapitals der TUI Aktiengesellschaft stellt sich wie folgt dar:

Institutionelle Investoren 30 Prozent, Privatanleger 15 Prozent, S-Group Travel Holding 25 Prozent, Monterey Enterprises Ltd. 15 Prozent, Riu Hotels S.A. 5 Prozent, CAM 5 Prozent, CDG Group 5 Prozent.

Zu 2.:
Der Tourismusmarkt in Deutschland wandelt sich derzeit mit rasanter Geschwindigkeit:

  • Die Wünsche der Kunden werden vielfältiger und individueller.
  • Das traditionelle Veranstaltergeschäft wird zunehmend von Überkapazitäten dominiert.
  • Sinkende Markteintrittsbarrieren lassen neue Anbieter entstehen. Dank neuer Technologien saugen diese die Überkapazitäten auf und bieten ihre Produkte aufgrund extrem günstiger Kostenstrukturen zu Niedrigstpreisen an.
  • Die neue Transparenz durch Online-Technologien beschleunigt den Preiskampf.
  • Wie in anderen Wirtschaftszweigen bewirken das Internet und das Online-Geschäft auch im Touristiksektor einen verschärften Wettbewerb.

Mit dem Strategie- und Wachstumsprogramm GET 2015 will die TUI Deutschland GmbH auf diesen Marktumbruch reagieren. Damit werden drei Ziele verfolgt: Wachstum, Kostensenkungen und maximale Kundenorientierung. Leitgedanke ist dabei, differenzierte Produkte und Service-Leistungen zu schaffen, die sich passgenau an den individuellen Bedürfnissen der Kunden orientieren.

Die damit verbundene künftig deutlich differenziertere Marktbearbeitung und die höhere Automatisierung in Teilbereichen des Geschäftes führen dazu, dass bei der TUI Deutschland GmbH und der Tochter TUI Vertrieb und Service GmbH ein Stellenabbau von rund 550 Stellen notwendig wird. Bei der Bewertung dieser Maßnahme muss berücksichtigt werden, dass ein nicht unerheblicher Anteil dieser Arbeitsplätze vor zwei bis drei Jahren von vornherein befristet aufgebaut worden war. Zu der damaligen Zeit wurden zusätzliche Fachkräfte eingestellt, um parallel zu den alten Buchungs- und Reservierungssystemen ein neues zukunftsfähiges System aufzubauen. Dieses ist mittlerweile in Betrieb, so dass die Altsysteme nunmehr abgeschaltet werden können und die Befristungen auslaufen.

Zu 3.:
Die Landesregierung ist seit längerem in intensiven Gesprächen mit der Geschäftsführung der TUI Deutschland GmbH. Die Landesregierung bedauert sehr, dass ein Beschäftigungsabbau am Standort Hannover offenbar unumgänglich ist. Die Geschäftsführung der TUI Deutschland GmbH hat die Landesregierung frühzeitig über die Hintergründe der anstehenden strukturellen Reorganisation im Unternehmen informiert und zugesichert, einen Stellenabbau so sozialverträglich wie möglich zu gestalten und gemeinsam mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich herbeizuführen. Die Landesregierung geht davon aus, dass damit das Notwendige getan ist, den Standort Hannover langfristig zu festigen und die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens zu sichern.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
13.10.2011

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