60. Hat das rot-grüne Landesvergabegesetz im Bereich der Schülerbeförderung Schaden angerichtet?
Plenum 18. September 2015 - Mündliche Anfragen
Abgeordnete Horst Kortlang, Gabriela König, Jörg Bode, Björn Försterling, Dr. Marco Genthe und Christian Grascha (FDP)
Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung
Vorbemerkung der Abgeordneten
Im September 2014 hat die FDP-Landtagsfraktion bereits in den Drucksachen 17/1940 „Welche Auswirkungen hat das rot-grüne Tariftreue- und Vergabegesetz auf die Schülerbeförderung in Niedersachsen?“ (Mündliche Anfrage Nr. 2) und 17/2025 „Verstößt das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) gegen die Dienstleistungsfreiheit?“ (Dringliche Anfrage) auf die Auswirkungen des von der rot-grünen Landesregierung verabschiedeten Tariftreue- und Vergabegesetzes hingewiesen. Minister Lies sprach trotzdem von einem „Erfolgsmodell“ der rot-grünen Landesregierung und einem „Riesenerfolg“, „wenn man es schafft, etwas so scharf wie möglich und konform zu regeln“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4082 und 4088). Gleichzeitig räumte Minister Lies ein, dass das Landesvergabegesetz „nicht an jeder Stelle umsetzbar“ ist (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4088). MdL
Schremmer (Bündnis 90/Die Grünen) kommentierte die kritischen Hinweise der Opposition mit den Worten, dass „die FDP weiterhin nervt“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4089). MdL Dr. Genthe (FDP) wies Herrn Minister Lies (SPD) in der Plenarsitzung auf Rückläufe von Landräten bezüglich der Schülerbeförderung hin und fragte, ob die Landesregierung den „Feldversuch“ - gemeint sind die Ausführungen im § 4 Abs. 3 NTVergG - einstellen möchte. Minister Lies antwortete unter dem Beifall von SPD und GRÜNEN: „Sehr geehrter Herr Dr. Genthe, die klare Antwort ist: Nein, im Gegenteil, das ist ein Erfolgsmodell und kluge Politik der rot-grünen Landesregierung“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4090). Dem rundblick vom 2. September 2015, Nr. 158, konnte unter der Überschrift „Vergabegesetz wird novelliert“ Folgendes entnommen werden: „Beim freigestellten Schülerverkehr wird … nur noch der Mindestlohn gesetzlich festgeschrieben und nicht mehr die Zahlung eines Tariflohns.“
Vorbemerkung der Landesregierung
Die niedersächsische Landesregierung hat am 01.09.2015 beschlossen, einen Entwurf zur Novelle des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (NTVergG) zur Verbandsanhörung freizugeben. Die Novelle beinhaltet mehrere Vereinfachungen und Anpassungen an aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung. Beispielsweise braucht zukünftig nicht mehr im einzelnen Vergabeverfahren ein Mindestentgelt von 8,50 € vereinbart werden, da der Bund diesen Mindestlohn mit dem Mindestlohngesetz (MiLoG) als allgemeingültige Vorgabe übernommen hat. Die Forderung eines Mindestentgelts wird daher nicht zurückgenommen, sondern hat sich bundesweit durchgesetzt. Dabei hat Niedersachsen mit dem Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) eine Vorreiterrolle eingenommen. Statt des vergabespezifischen Mindestentgelts soll zukünftig auf den Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) verwiesen werden. Für Leistungen, die im Ausland erbracht werden, wird in Übereinstimmung mit dem MiLoG und in Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zukünftig kein Mindestentgelt mehr gefordert. Die Rechtssicherheit bei der Erteilung von Unteraufträgen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs wird gestärkt. Die Novellierung soll den Verwaltungsaufwand für die Vergabestellen und Unternehmen reduzieren. Außerdem ist eine finanzielle Entlastung der Kommunen zu erwarten.
Die Regelungen zum freigestellten Schülerverkehr werden vereinfacht. Mit Beschluss vom 15.05.2015 hat die Vergabekammer Niedersachsen (Az. VgK 09/2015) festgestellt, dass eine Anwendung des § 4 Abs. 3 S. 2 NTVergG aus europarechtlichen Gründen ausscheidet; in der beabsichtigten Novelle wird das Gesetz entsprechend klargestellt. Zukünftig wird auch in diesen Fällen auf das MiLoG verwiesen.
Gleichzeitig wird aber das bisherige hohe Niveau des Schutzes vor Wettbewerbsverzerrungen durch unangemessen niedrige Löhne beibehalten. Das Gesetz steht weiterhin für eine Förderung guter Arbeitsbedingungen und wird durch die Ergänzungen weiter gestärkt.
1. Welche Briefe und sonstigen Hinweise von Landräten, Unternehmen oder Arbeitnehmern von Beförderungsunternehmen über Fehlentwicklungen im freigestellten Schülerverkehr durch das rot-grüne Landesvergabegesetz haben Minister Lies oder das MW direkt und indirekt erhalten?
Aktuelle Hinweise auf Fehlentwicklungen im freigestellten Schülerverkehr durch das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) haben weder das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW) noch der Minister persönlich erhalten.
In zwei Vergabeverfahren haben Bieter Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer Niedersachsen beantragt. Zu Beeinträchtigungen in der Versorgung hat das nach Kenntnis der Landesregierung jedoch nicht geführt. Wenn Nachprüfungsverfahren zu einer Verzögerung der Auftragserteilung führen, können die öffentlichen Auftraggeber etwaige drängende Versorgungslücken mit Interimsaufträgen schließen.
Vereinzelt haben Unternehmen und Vergabestellen Fragen an die Servicestelle gerichtet. Im Übrigen wird auf die bereits mit Drucksache 17/2055 gegebene Antwort verwiesen.
2. Vor dem Hintergrund, dass einige Ausschreibungsteilnehmer bei Ausschreibungen im Bereich des freigestellten Schülerverkehrs mit dem Mindestlohn kalkulieren konnten und andere Ausschreibungsteilnehmer auf der Basis des TV-N Nds. kalkulieren mussten, weil dies im rot-grünen Landesvergabegesetz so vorgeschrieben ist, und der Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/2055, Seite 2) zum gleichen Fragenkomplex: Hat das rot-grüne Landesvergabegesetz schädliche oder nachteilige Auswirkungen im Bereich des freigestellten Schülerverkehrs bei öffentlichen Auftraggebern, Auftragnehmern oder Arbeitnehmern, insbesondere Fahrerinnen und Fahrern, hervorgerufen?
Das zu kalkulierende Entgelt ergibt sich in erster Linie aus der jeweiligen arbeitsvertraglichen oder tariflichen Verpflichtung des bietenden Unternehmens. Das Entgelt, das im Falle des Zuschlags bei Auftragsausführung zu zahlen ist, wird nach dem NTVergG für alle Unternehmen einheitlich in den Vergabeunterlagen festgelegt. Der der Frage unterstellte Sachverhalt liegt demnach nicht vor, entsprechend können sich hieraus keine schädlichen oder nachteiligen Auswirkungen im Bereich des freigestellten Schülerverkehrs ergeben.
3. Vor dem Hintergrund der Ausführungen von Minister Lies, dass es ein „Riesenerfolg“ sei, „wenn man es schafft, etwas so scharf wie möglich und konform zu regeln“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4088): Wie beurteilt die Landesregierung die anstehenden Novellierungen des rot-grünen Landesvergabegesetzes vor diesem Anspruch von Minister Lies?
Die Landesregierung bewertet das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) als großen Erfolg. Das Gesetz ist und bleibt ein wichtiger Baustein in der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs und der Zahlung angemessener Entgelte im Bereich öffentlicher Aufträge.
Die bevorstehende Novelle bedeutet keine Kehrtwende, sondern passt das Gesetz an die aktuelle Rechtsprechung und Bundesgesetzgebung an, um seine Wirkung und die praktische Anwendbarkeit weiterhin sicherzustellen.
Abgeordnete Horst Kortlang, Gabriela König, Jörg Bode, Björn Försterling, Dr. Marco Genthe und Christian Grascha (FDP)
Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung
Vorbemerkung der Abgeordneten
Im September 2014 hat die FDP-Landtagsfraktion bereits in den Drucksachen 17/1940 „Welche Auswirkungen hat das rot-grüne Tariftreue- und Vergabegesetz auf die Schülerbeförderung in Niedersachsen?“ (Mündliche Anfrage Nr. 2) und 17/2025 „Verstößt das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) gegen die Dienstleistungsfreiheit?“ (Dringliche Anfrage) auf die Auswirkungen des von der rot-grünen Landesregierung verabschiedeten Tariftreue- und Vergabegesetzes hingewiesen. Minister Lies sprach trotzdem von einem „Erfolgsmodell“ der rot-grünen Landesregierung und einem „Riesenerfolg“, „wenn man es schafft, etwas so scharf wie möglich und konform zu regeln“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4082 und 4088). Gleichzeitig räumte Minister Lies ein, dass das Landesvergabegesetz „nicht an jeder Stelle umsetzbar“ ist (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4088). MdL
Schremmer (Bündnis 90/Die Grünen) kommentierte die kritischen Hinweise der Opposition mit den Worten, dass „die FDP weiterhin nervt“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4089). MdL Dr. Genthe (FDP) wies Herrn Minister Lies (SPD) in der Plenarsitzung auf Rückläufe von Landräten bezüglich der Schülerbeförderung hin und fragte, ob die Landesregierung den „Feldversuch“ - gemeint sind die Ausführungen im § 4 Abs. 3 NTVergG - einstellen möchte. Minister Lies antwortete unter dem Beifall von SPD und GRÜNEN: „Sehr geehrter Herr Dr. Genthe, die klare Antwort ist: Nein, im Gegenteil, das ist ein Erfolgsmodell und kluge Politik der rot-grünen Landesregierung“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4090). Dem rundblick vom 2. September 2015, Nr. 158, konnte unter der Überschrift „Vergabegesetz wird novelliert“ Folgendes entnommen werden: „Beim freigestellten Schülerverkehr wird … nur noch der Mindestlohn gesetzlich festgeschrieben und nicht mehr die Zahlung eines Tariflohns.“
Vorbemerkung der Landesregierung
Die niedersächsische Landesregierung hat am 01.09.2015 beschlossen, einen Entwurf zur Novelle des Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetzes (NTVergG) zur Verbandsanhörung freizugeben. Die Novelle beinhaltet mehrere Vereinfachungen und Anpassungen an aktuelle Gesetzgebung und Rechtsprechung. Beispielsweise braucht zukünftig nicht mehr im einzelnen Vergabeverfahren ein Mindestentgelt von 8,50 € vereinbart werden, da der Bund diesen Mindestlohn mit dem Mindestlohngesetz (MiLoG) als allgemeingültige Vorgabe übernommen hat. Die Forderung eines Mindestentgelts wird daher nicht zurückgenommen, sondern hat sich bundesweit durchgesetzt. Dabei hat Niedersachsen mit dem Niedersächsischen Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) eine Vorreiterrolle eingenommen. Statt des vergabespezifischen Mindestentgelts soll zukünftig auf den Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) verwiesen werden. Für Leistungen, die im Ausland erbracht werden, wird in Übereinstimmung mit dem MiLoG und in Umsetzung der EuGH-Rechtsprechung zukünftig kein Mindestentgelt mehr gefordert. Die Rechtssicherheit bei der Erteilung von Unteraufträgen im Bereich des öffentlichen Nahverkehrs wird gestärkt. Die Novellierung soll den Verwaltungsaufwand für die Vergabestellen und Unternehmen reduzieren. Außerdem ist eine finanzielle Entlastung der Kommunen zu erwarten.
Die Regelungen zum freigestellten Schülerverkehr werden vereinfacht. Mit Beschluss vom 15.05.2015 hat die Vergabekammer Niedersachsen (Az. VgK 09/2015) festgestellt, dass eine Anwendung des § 4 Abs. 3 S. 2 NTVergG aus europarechtlichen Gründen ausscheidet; in der beabsichtigten Novelle wird das Gesetz entsprechend klargestellt. Zukünftig wird auch in diesen Fällen auf das MiLoG verwiesen.
Gleichzeitig wird aber das bisherige hohe Niveau des Schutzes vor Wettbewerbsverzerrungen durch unangemessen niedrige Löhne beibehalten. Das Gesetz steht weiterhin für eine Förderung guter Arbeitsbedingungen und wird durch die Ergänzungen weiter gestärkt.
1. Welche Briefe und sonstigen Hinweise von Landräten, Unternehmen oder Arbeitnehmern von Beförderungsunternehmen über Fehlentwicklungen im freigestellten Schülerverkehr durch das rot-grüne Landesvergabegesetz haben Minister Lies oder das MW direkt und indirekt erhalten?
Aktuelle Hinweise auf Fehlentwicklungen im freigestellten Schülerverkehr durch das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) haben weder das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (MW) noch der Minister persönlich erhalten.
In zwei Vergabeverfahren haben Bieter Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer Niedersachsen beantragt. Zu Beeinträchtigungen in der Versorgung hat das nach Kenntnis der Landesregierung jedoch nicht geführt. Wenn Nachprüfungsverfahren zu einer Verzögerung der Auftragserteilung führen, können die öffentlichen Auftraggeber etwaige drängende Versorgungslücken mit Interimsaufträgen schließen.
Vereinzelt haben Unternehmen und Vergabestellen Fragen an die Servicestelle gerichtet. Im Übrigen wird auf die bereits mit Drucksache 17/2055 gegebene Antwort verwiesen.
2. Vor dem Hintergrund, dass einige Ausschreibungsteilnehmer bei Ausschreibungen im Bereich des freigestellten Schülerverkehrs mit dem Mindestlohn kalkulieren konnten und andere Ausschreibungsteilnehmer auf der Basis des TV-N Nds. kalkulieren mussten, weil dies im rot-grünen Landesvergabegesetz so vorgeschrieben ist, und der Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/2055, Seite 2) zum gleichen Fragenkomplex: Hat das rot-grüne Landesvergabegesetz schädliche oder nachteilige Auswirkungen im Bereich des freigestellten Schülerverkehrs bei öffentlichen Auftraggebern, Auftragnehmern oder Arbeitnehmern, insbesondere Fahrerinnen und Fahrern, hervorgerufen?
Das zu kalkulierende Entgelt ergibt sich in erster Linie aus der jeweiligen arbeitsvertraglichen oder tariflichen Verpflichtung des bietenden Unternehmens. Das Entgelt, das im Falle des Zuschlags bei Auftragsausführung zu zahlen ist, wird nach dem NTVergG für alle Unternehmen einheitlich in den Vergabeunterlagen festgelegt. Der der Frage unterstellte Sachverhalt liegt demnach nicht vor, entsprechend können sich hieraus keine schädlichen oder nachteiligen Auswirkungen im Bereich des freigestellten Schülerverkehrs ergeben.
3. Vor dem Hintergrund der Ausführungen von Minister Lies, dass es ein „Riesenerfolg“ sei, „wenn man es schafft, etwas so scharf wie möglich und konform zu regeln“ (45. Plenarsitzung, Protokoll Seite 4088): Wie beurteilt die Landesregierung die anstehenden Novellierungen des rot-grünen Landesvergabegesetzes vor diesem Anspruch von Minister Lies?
Die Landesregierung bewertet das Niedersächsische Tariftreue- und Vergabegesetz (NTVergG) als großen Erfolg. Das Gesetz ist und bleibt ein wichtiger Baustein in der Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs und der Zahlung angemessener Entgelte im Bereich öffentlicher Aufträge.
Die bevorstehende Novelle bedeutet keine Kehrtwende, sondern passt das Gesetz an die aktuelle Rechtsprechung und Bundesgesetzgebung an, um seine Wirkung und die praktische Anwendbarkeit weiterhin sicherzustellen.