Geschwindigkeitsbeschränkung auf der Landesstraße 614
Der Abgeordnete Frank Oesterhelweg (CDU) hatte gefragt:
Die Wolfenbütteler Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 31. Juli 2013 unter der Überschrift „Stadt fordert Tempo 50 auf der Landesstraße am Fümmelsee“ über die Bemühungen der Stadt Wolfenbüttel, für die Landesstraße 614 am stark frequentierten Fümmelsee eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h außerhalb der Ortslage durchzusetzen. Die Zeitung berichtet weiter, dass vermehrt Beschwerden über zu schnelles Fahren in diesem Abschnitt vorlägen und die bis 2003 gültige Geschwindigkeitsbeschränkung auf 60 km/h damals auf 70 km/h erhöht worden sei, um eine „Vereinheitlichung“ im Landkreis Wolfenbüttel zu erreichen. Gleichzeitig wird festgestellt, dass sich die Besucherzahlen des Bades deutlich erhöht hätten und der Wolfenbütteler Schwimmverein als Betreiber zudem eine Kooperation mit zwei Kindertagesstätten abgeschlossen habe. Die Haltestelle für die zum Bad führende Buslinie liegt auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Überquerungshilfen sind nicht vorhanden.
Die Stadt Wolfenbüttel hat bereits 2011 eine Anfrage an die zuständige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Wolfenbüttel gerichtet, aber bislang keine Antwort erhalten. Nur gegenüber der Presse hat der Leiter der Behörde offenbar seine ablehnende Haltung kundgetan.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:
- Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass die zuständige Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Wolfenbüttel seit 2011 keine Stellungnahme auf die entsprechende Anfrage der Stadt Wolfenbüttel abgegeben hat?
- Wie beurteilt die Landesregierung die Tatsache, dass die zuständige Behörde im Jahr 2003 die damalige Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 auf 70 km/h angehoben hat, weil, so die Zeitung, eine „Vereinheitlichung“ angestrebt worden sei und es „bei uns im Landkreis Wolfenbüttel“ nur „an dieser einen Stelle Tempo 60“ gegeben habe?
- Ist es üblich, dass Maßnahmen nicht an wirklich vorliegenden Verhältnissen und Notwendigkeiten, sondern am Wunsch der „Vereinheitlichung“ ausgerichtet werden?
- An welchen Stellen im Landkreis liegen ähnliche Verhältnisse (Besucherfrequenz, Kinder und Jugendliche, Landesstraße außerhalb der Ortslage etc.) wie an der Landesstraße 614 am Fümmelsee vor?
- Erkennt die Landesregierung die Tatsache an, dass sich seit 2003 einiges geändert hat, sich beispielsweise die Besucherzahl erhöht hat und die Verkehrsbelastung sowie auch die Zahl der zu schnell fahrenden Fahrzeuge zugenommen haben?
- Beabsichtigt die Landesregierung eine Überprüfung der nur gegenüber der Presse kommunizierten Entscheidung des Behördenleiters, der auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch das Ministerium für Wirtschaft und Verkehr hinweist?
- Ist die Landesregierung bereit, in der Freibadsaison eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf 50 km/h anzuordnen?
Verkehrsminister Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 25.09.2013 wie folgt:
Nach den Regelungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus sachlichen Gründen beschränken oder verbieten. Danach sind Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen jedoch nur dort anzuordnen, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in der StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.
Ob die Voraussetzungen für Verkehrsbeschränkungen vorliegen, haben die Straßenverkehrsbehörden grundsätzlich in eigener Zuständigkeit zu prüfen und letztlich, auf Basis der vor Ort gewonnenen Erkenntnisse, über die Anordnung von Beschränkungen des fließenden Verkehrs zu entscheiden.
Die Teilstrecke der L 614 zwischen Wolfenbüttel und der B 248 ist nach den vorliegenden Berichten mit einem durchschnittlichen täglichen Verkehr (DTV)von 3500 Kraftfahrzeugen, davon durchschnittlich 220 Fahrzeuge des Schwerverkehrs, nicht übermäßig belastet. Auch liegen auf diesem Streckenabschnitt keine Unfallauffälligkeiten und keine besonderen Gefahrenlagen vor, die eine andere als die bisher angeordnete Geschwindigkeitsbeschränkung rechtfertigen könnte. An sonnigen warmen Wochenenden ist der Parkplatz des Naturbades (ca. 50 Stellplätze) schnell überlastet, so dass auf den Banketten der Kreis- und Landesstraße die Fahrzeuge von den Besuchern des Freibades geparkt werden. Unter anderem wurde aus diesem Grund die zulässige Höchstgeschwindigkeit bereits auf 70 km/h beschränkt.
Nach dem aktuellen Bericht der örtlichen Polizeidienststelle zum Unfallgeschehen in den letzten zweieinhalb Jahren (2011-2013) haben sich in dem in Rede stehenden Bereich 5 Unfälle ereignet. Dabei handelte es sich um drei Parkplatzunfälle, einen Auffahrunfall und eine Kollision mit einem am Fahrbahnrand geparkten Fahrzeug.
Nach Einschätzung der Polizei hätte eine weitere Reduzierung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit keinen Einfluss auf die Unfallsituation in diesem Bereich gehabt. Ein Zusammenhang zwischen den Unfällen und einer überhöhten oder nicht angepassten Geschwindigkeit ist nicht erkennbar. Auch während der Betriebszeit des Freibades, welches wegen des derzeitigen Neubaus des Stadtbades und der guten Wetterbedingungen im Sommer 2013 stärker ausgelastet war als in anderen Jahren, kam es nach Bericht der Polizei zu keinen Auffälligkeiten im Unfallgeschehen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Das Ministeriumfür Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wird den Sachverhalt überprüfen.
Zu 2. und 3.:
Die Erhöhung der zul. Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h wurde aufgrund des Beschlusses der Verkehrsschau vom 16. Oktober 2003 aus sachlichen Gründen gefasst. Durch die einseitige Bebauung, Einmündungen, Kurvenlage, die Nähe zum Ortseingang von Wolfenbüttel und der Parksituation am Freibad an warmen Tagen war aus damaliger Sicht eine Geschwindigkeitsreduzierung auf 70 km/h vertretbar. Diese Entscheidung wurde auch von der Polizei mitgetragen. Ziel einer Verkehrsschau ist es auch, die Regelungen der StVO im Bundesgebiet einheitlich anzuwenden.
Zu 4.:
Hierzu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor.
Zu 5.:
Die Verkehrsbelastung der L 614 hat sich in den letzten zehn Jahren durchschnittlich um ca. 800 Kraftfahrzeuge (Kfz/d) auf einen DTV von rund 3.550 erhöht. Dies ist für Landesstraßen keine außergewöhnliche Steigerung. Die Verkehrsbelastung an Sonntagen stagniert in den letzten zehn Jahren bei ca. 1500 Kfz/d. Die Geschwindigkeitsmessungen der Polizei und des Landkreises Wolfenbüttel ergaben keine Auffälligkeiten. Zu den Besucherzahlen des Fümmelsees liegen keine belastbaren Erkenntnisse vor, da der Freibadbetreiber nur vage Schätzungen abgeben konnte.
Zu 6.und 7.:
Das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr wird die verkehrsbehördliche Anordnung der Stadt Wolfenbüttel überprüfen und die Entscheidung den zuständigen Behörden mitteilen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
01.11.2013
Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke
Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
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