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Ist ein Beförderungsverbot von E-Scootern in niedersächsischen Bussen und Straßenbahnen zulässig?

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 22.01.2015 - TOP 26.

Antwort von Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Gudrun Pieper und Björn Thümler (CDU).


Die Abgeordneten Gudrun Pieper und Björn Thümler (CDU) hatten gefragt:


Ist ein Beförderungsverbot von E-Scootern in niedersächsischen Bussen und Straßenbahnen zulässig?

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat zum 1. Januar 2015 seinen Mitgliedsunternehmen mitgeteilt, dass sie aus Sicherheitsgründen keine Beförderungspflicht mehr für Menschen mit Behinderungen haben, die mit Elektromobilen (E-Scootern) befördert werden wollen. Der Verkehrsverbund Bremen-Niedersachsen (VBN) hat daraufhin beschlossen, in seinem Gebiet die Mitnahme von E-Scootern in Bussen und Straßenbahnen zu untersagen, obwohl es bislang keine Unfälle mit E-Scootern gab. Auf E-Scooter angewiesene Menschen mit Behinderungen sind damit im Gebiet des VBN vom ÖPNV ausgeschlossen.

Andere Verkehrsbetriebe in Niedersachsen, wie etwa die hannoversche Üstra, befördern E-Scooter weiterhin in ihren Fahrzeugen.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Ergibt sich aus den Gutachten des VDV für die niedersächsischen Verkehrsunternehmen eine rechtliche Bindung oder haben diese lediglich empfehlenden Charakter?

2. Da es eine Vielzahl von E-Scooter-Modellen verschiedener Hersteller auf dem Markt gibt: Wurden die Tests mit allen erhältlichen Modellen mit dem gleichen negativen Ergebnis durchgeführt, oder wurde lediglich ein Modell exemplarisch für alle getestet?

3. Welche Möglichkeiten einer Nachrüstung der Fahrzeuge durch entsprechende Sicherungsvorrichtungen mit welchen Kosten gibt es?


Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) hat beobachtet, dass von der Möglichkeit der Mitnahme von sogenannten E-Mobilen mit steigender Tendenz Gebrauch gemacht und mit weiter steigenden Beförderungszahlen für diese Gruppe gerechnet wird. Beim Ein- und Ausfahren aus Linienbussen wurden von verschiedenen Verkehrsunternehmen bereits kritische Situationen beobachtet und im Fahrzeug selbst kam es teilweise zu einem Umkippen der E-Mobile. Aus diesen Beobachtungen heraus vermutete der VDV ein erhöhtes Gefährdungspotenzial für andere Fahrgäste, den Betrieb als solches aber auch für die Nutzer der E-Mobile selbst.

Zur Ermittlung des möglichen Gefährdungspotenzials von E-Mobilen bei der Beförderung ausschließlich in Linienbussen hat der VDV im vergangenen Jahr die Studiengesellschaft für unterirdische Verkehrsanlagen e.V. (STUVA e.V), Köln, eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Fazit dieser Untersuchung war, dass die Mitnahme von E-Mobilen in Linienbussen unter den aktuellen Rahmenbedingungen sowohl für Fahrgäste als auch für die Nutzer der E-Mobile selbst eine betriebliche Gefährdung nicht ausgeschlossen werden kann.

Im Anschluss daran empfahl der VDV seinen Mitgliedern, E-Mobile nicht mehr zu befördern.

Diese Beurteilung wird von den Herstellern der E-Mobile geteilt. In einigen Bedienungsanleitungen wird vor einem Transport dieser Modelle mit aufsitzender Person in anderen Fahrzeugen gewarnt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass unbesetzte E-Mobile beim Transport stets sicher zu verzurren sind.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Den Rechtsrahmen für den Transport von E-Mobilen, die als Sachen klassifiziert werden, bildet in personenbeförderungsrechtlichen Bereich die Verordnung über die Allgemeinen Beförderungsbedingungen für den Straßenbahn- und Obusverkehr sowie den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen (BefBedV, BGBl. I 1970, S. 230 und BGBl. I 2007, S. 2569). Aus betrieblicher Sicht richtet sich die Mitnahme von Sachen nach § 15 Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft, BGBl. I 1975, S. 1573 und BGBl. I 2007, S. 2569).

Danach ist im Einzelfall die Beförderung von E-Mobilen dann ausgeschlossen, wenn von ihnen eine Gefahr für andere Fahrgäste ausgeht.

Kernaussage des vom VDV in Auftrag gegebenen Gutachtens ist, dass E-Mobile (E-Scooter) bei Bremsungen in Bussen umkippen oder verrutschen können. Grenzwerte, aus denen sich das Gefahrenpotenzial exakt festlegen lässt, wurden nicht bestimmt. Jedoch wurde die Gefahr des Verrutschens oder Umkippens von E-Mobilen als mindestens genauso hoch wie bei konventionellen Rollstühlen oder Elektrorollstühlen eingeschätzt. Konventionelle Rollstühle müssen daher in Bussen entgegen der Fahrtrichtung mit dem Rücken an einer sog. Prallplatte abgestellt werden. E-Mobile können wegen nicht ausreichender Wendigkeit diesen Abstellplatz unter Umständen nicht erreichen. Insofern ist eine Gefahr beim Transport von E-Mobilen in Bussen gegeben. Diese muss vom Verkehrsunternehmen und dem Betriebspersonal aufgrund der jeweiligen Gegebenheiten individuell eingeschätzt werden.

Eine rechtliche Bindung des Gutachtens können wir nicht erkennen.

Zu 2.:

Im Gutachten wurden drei unterschiedliche Modelle untersucht, die sich hinsichtlich der für die Ermittlung der Standsicherheit maßgeblichen Faktoren Abmessung, Gewicht und Anzahl der Räder unterscheiden. Die Auswahl der Gutachter repräsentiert häufig verkaufte Modelle eines europaweit tätigen, größeren Hilfsmittelvertriebs.

Zu 3.:

Das Land Nordrhein-Westfalen hat Ende 2014 ein Gutachten in Auftrag gegeben, welche die Ergebnisse des vorgenannten Gutachtens aufgreift, ergänzt und z.T. neue Ansätze beinhaltet.

Das Gutachten soll die Möglichkeiten einer Beförderung von E-Mobilen in Linienbussen untersuchen. Zunächst sollen die derzeitigen Rahmenbedingungen zu Grunde gelegt werden. Ist eine Beförderung unter den jetzigen Rahmenbedingungen nicht möglich, sollen alternativ Sicherungssysteme für E-Mobile untersucht werden, z.B. Gurte o.ä. Maßgebliche Parameter sind der Wendekreis und die Größe der E-Mobile.

Ergebnisse der Untersuchung sollen zum Ende des 1. Quartals 2015 vorliegen. Ob und wenn ja welche Sicherungsvorrichtungen erforderlich sein werden und welche Kostenlasten sich daraus ergeben, kann daher zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden.

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Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke

Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
Pressesprecher
Friedrichswall 1
30159 Hannover
Tel: (0511) 120-5427
Fax: (0511) 120-995427

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