„Lagerstättenwasser bei der Gasförderung - Wo geht es hin?“
Der Abgeordnete Grant Hendrik Tonne (SPD) hatte gefragt:
Zuge der Diskussion über die sogenannte unkonventionelle Gasförderung (Fracking) rückt die Frage, wo und in welcher Menge das anfallende Lagerstättenwasser gelagert bzw. wieder in den Untergrund verpresst wird, immer mehr in den Mittelpunkt.
Das Lagerstättenwasser ist durch den Einsatz chemischer Zusätze der gasfördernden Unternehmen verunreinigt und bringt zusätzlich in tiefen Erdschichten vorhandenes Benzol mit an die Oberfläche. Zusätzlich besteht die Gefahr einer radioaktiven Belastung des Lagerstättenwassers.
Die Forderung von Teilen der Öffentlichkeit nach Offenlegung sämtlicher verfügbarer Informationen wurde insbesondere von Exxon Mobil bisher nicht erfüllt.
Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung
- Fällt bei den nachfolgend aufgeführten Bohrungen Lagerstättenwasser an (bitte nach einzelnen Bohrungen aufschlüsseln)?
Bahrenborstel Z1,
Bahrenborstel Z 2,
Bahrenborstel Z 8,
Bahrenborstel Z 9,
Bahrenborstel Z 11,
Bahrenborstel Z 12,
Burgmoor Z 2,
Burgmoor Z 3,
Uchte Z 3,
Uchte Z 4. - Wenn ja, wie viel Lagerstättenwasser fällt pro Bohrung pro Monat und pro Jahr an (bitte nach den o. g. Bohrungen aufschlüsseln)?
- Auf welche Weise wird das Lagerstättenwasser entsorgt (bitte nach den o. g. Bohrungen aufschlüsseln)?
- Falls es Bohrungen gibt, bei denen das Lagerstättenwasser per Lkw abgefahren wird, wo wird es jeweils entsorgt (bitte eine aktuelle Aussage für das Jahr 2012 sowie eine Aufschlüsselung der vergangenen fünf Jahre (2007 bis 2011))?
- Wenn das Lagerstättenwasser über Leitungen entsorgt wird, wo verlaufen diese und wo wird es entsorgt (bitte eine Aufschlüsselung nach Bohrstellen für das aktuelle Jahr 2012 sowie eine Aufschlüsselung der vergangenen fünf Jahre (2007 bis 2011))?
- Ist es zutreffend, dass es beim Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie ein Gutachten über die Eignung der Bohrung Siedenburg 30 als Versenkbohrung für Lagerstättenwasser gibt? Wenn ja, wie lauten die Kernaussagen dieses Gutachtens?
- Wird diese Bohrung oder eine andere Bohrung in den Landkreisen Diepholz und Nienburg als Versenkbohrung genutzt, oder besteht die Absicht, diese zu nutzten?
- Wenn ja, welche anderen Bohrungen werden genutzt oder sollen genutzt werden (bitte einzeln aufschlüsseln)?
- Wenn ja, welche Mengen werden pro Bohrung pro Jahr eingebracht (bitte für das aktuelle Jahr 2012 sowie für die vergangenen fünf Jahre (2007 bis 2011) aufschlüsseln)?
Wirtschaftssminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 01.08.2012 wie folgt:
Seit vielen Jahrzehnten wird in Niedersachsen Erdöl und Erdgas gefördert und damit ein wichtiger Beitrag zur heimischen Energieversorgung geleistet. Bei der Gewinnung von Erdöl und Erdgas werden natürlich vorkommende Tiefenwässer mitgefördert, die hauptsächlich aus dem Gestein gelöste Salze und verschiedene organische Stoffe enthalten. Nach Abtrennung vom Bodenschatz erfolgt die Entsorgung dieses Lagerstättenwassers im Regelfall über Tiefbohrungen in tiefe geologische Schichten, die entweder sekundären oder tertiären Fördermaßnahmen dienen (Einpressbohrung) oder zur sonstigen Einleitung von Stoffen in den Untergrund bestimmt sind (Versenkbohrung). Dabei gilt, dass die von der Biosphäre getrennten tiefen geologischen Schichten, keine Einwirkungen auf nutzbare Grundwasserhorizonte bzw. Grundwasserkörper, die der Bewirtschaftung i. S. des Wasserhaushaltsgesetzes zugänglich sind, zulassen. In Anbetracht der jahrzehntelangen Erdöl- und Erdgasgewinnung in Niedersachsen findet das Versenken von Lagerstättenwasser von jeher statt, sodass umfangreiche Erfahrungen beim Umgang mit dieser Technologie vorhanden sind.
Bei der Genehmigung der Versenkung von Lagerstättenwasser in den tiefen geologischen Untergrund stehen in Niedersachsen neben der Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger auch die Belange des Trink- und Grundwasserschutzes im Mittelpunkt der Entscheidungsfindung. Insbesondere stellt eine detaillierte Beurteilung möglicher Risiken im Genehmigungsverfahren anhand der Vorschriften des Umwelt- und Bergrechts darauf ab, dem vorsorgenden Trinkwasserschutz stets Vorrang vor den Maßnahmen der Erdöl- und Erdgasgewinnung einzuräumen.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1. und 2.:
Die Fragen 1 und 2 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Bei der Erdgasgewinnung aus den Bohrungen Bahrenborstel Z1, Bahrenborstel Z2, Bahrenborstel Z8, Bahrenborstel Z9, Bahrenborstel Z11, Burgmoor Z2, Uchte Z3 und Uchte Z4 fällt Lagerstättenwasser in unterschiedlicher Menge und Zusammensetzung an. Die Bohrung Bahrenborstel Z12 wurde 2008 verfüllt und ist seitdem nicht mehr in Betrieb. Die Bohrung Burgmoor Z3 ist seit längerem verschlossen. Zurzeit wird geprüft, ob durch eine Ablenkung der Bohrung eine Wiederaufnahme der Produktion möglich ist.
Im Jahr 2011 wurden folgende Lagerstättenwassermengen mitgefördert:
Bohrung |
Jahresmenge 2011* [m³] |
Bahrenborstel Z1 |
153 |
Bahrenborstel Z2 |
3.377 |
Bahrenborstel Z8 |
1.818 |
Bahrenborstel Z9 |
6.890 |
Bahrenborstel Z11 |
2.167 |
Burgmoor Z2 |
3.059 |
Uchte Z3 |
858 |
Uchte Z4 |
705 |
*Die jeweils angegebene kumulierte Jahresmenge ergibt sich aus den nahezu gleichmäßig anfallenden Monatsmengen.
Zu 3.:
Grundsätzlich wird das Lagerstättenwasser in bergamtlich zugelassenen Bohrungen versenkt. Bei Bohrungen, die Sauergas fördern, erfolgt vor der Versenkung eine Aufbereitung des Lagerstättenwassers, um wieder verwendbare Stoffe abzutrennen. Sofern die technischen Voraussetzungen dafür gegeben sind, erfolgt dieser Prozessschritt auf der Förderlokation, ansonsten in der Aufbereitungsanlage NEAG. Der bohrungsspezifische Entsorgungspfad ergibt sich wie folgt:
Bohrung |
Entsorgungsart |
Bahrenborstel Z1 |
Versenkung |
Bahrenborstel Z2 |
Versenkung |
Bahrenborstel Z8 |
Aufbereitung + Versenkung |
Bahrenborstel Z9 |
Aufbereitung + Versenkung |
Bahrenborstel Z11 |
Aufbereitung + Versenkung |
Burgmoor Z2 |
Aufbereitung + Versenkung |
Uchte Z3 |
Aufbereitung + Versenkung |
Uchte Z4 |
Versenkung |
Zu 4.:
Bei allen genannten Bohrungen wird das Lagerstättenwasser per Tankwagen abgefahren. Die Hauptentsorgungswege im Zeitraum 2007 bis 2011 stellen sich wie folgt dar:
Bohrung |
Versenkung in |
||||
Barenburg Z4 |
Groß-Lessen Z1 |
NEAG H1 |
Siedenburg 30 |
Wietingsmoor H3 |
|
Bahrenborstel Z1 |
X |
X |
|||
Bahrenborstel Z2 |
X |
X |
|||
Bahrenborstel Z8 |
X |
X |
X |
||
Bahrenborstel Z9 |
X |
X |
X |
||
Bahrenborstel Z11 |
X |
X |
|||
Burgmoor Z2 |
X |
X |
X |
||
Uchte Z3 |
X |
||||
Uchte Z4 |
X |
X |
X |
Sofern z.B. bei Reparatur- oder Inspektionsarbeiten an den Versenkbohrungen vorgehaltene
Zwischenspeicherkapazitäten (Tanks) nicht ausreichen, werden geringe Mengen Lagerstättenwasser in andere bergamtlich zugelassene Versenkbohrungen verbracht. Von dieser Möglichkeit wird jedoch nur im Ausnahmefall Gebrauch gemacht.
Weitere Veränderungen der Transportwege ergaben sich in Folge der Stilllegung der Versenkbohrungen Siedenburg 30 (Januar 2011) und Barenburg Z4 (August 2011). Das Lagerstättenwasser der betroffenen Produktionsbohrungen wird seitdem zur Versenkbohrung Wietingsmoor H3 transportiert.
Zu 5.:
Das Lagerstättenwasser der genannten Bohrungen wird nicht in Leitungen transportiert. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4 verwiesen.
Zu 6.:
Dem Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) liegen folgende zwei Gutachten über die Eignung der Bohrung Siedenburg 30 als Versenkbohrung für Lagerstättenwasser vor:
- „Geologisch-lagerstättentechnisches Gutachten über die Eignung des Suderbrucher Sandsteins (Dogger Delta) in der Erdölförderbohrung Siedenburg 30 (Vertiefung) zur Versenkung von Lagerstättenwasser aus dem Erdgasförderbetrieb“ des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung – Geowissenschaftliche Gemeinschaftsaufgaben – aus dem Jahr 1996.
Das Gutachten enthält folgendes Ergebnis/ Kernaussage:
„Aus lagerstättentechnischer und produktionsgeologischer Sicht ist eine Aufnahme des Versenkbetriebes in den Dogger Delta der Sonde Siedenburg 30 unbedenklich, solange der Schließdruck unter 130 bar und der Kopffließdruck unter 97 bar liegen. Diese Einschätzung stützt sich u. a. auf die positiven Erfahrungen beim Versenkbetrieb in den Nachbarsonden Siedenburg H1 und NEAG H1.“ - „Geologisch-lagerstättentechnisches Gutachten über die Eignung des Valendis-Sandsteins in der Disposalbohrung Siedenburg 30 zur Versenkung von Lagerstättenwasser aus dem Erdgasförderbetrieb“ des Niedersächsischen Landesamtes für Bodenforschung aus dem Jahr 2001.
Das Gutachten enthält folgendes Ergebnis/ Kernaussage:
„Aus lagerstättentechnischer und geologischer Sicht ist das von MOBIL beantragte Disposalprojekt als bergbaulich sicher einzustufen, d. h. es ist keine Beeinträchtigung höherer Nutzwasserhorizonte zu erwarten.“
Zu 7 bis 9.:
Die Fragen 7 bis 9 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
In den Landkreisen Diepholz und Nienburg werden die Versenkbohrungen Barenburg Z4, Buchhorst Z2, Buchhorst Z9, NEAG H1, Groß-Lessen Z1, Siedenburg 30 und Siedenburg H1 betrieben.
Die Versenkmengen für die Meldejahre 2007 bis 2011 sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Hierbei ist anzumerken, dass die betriebsbereite Bohrung Buchhorst Z9 in diesem Zeitraum nicht genutzt wurde. Weiterhin wurden die Versenkbohrungen Siedenburg 30 im Januar 2011, Barenburg Z4 im August 2011 und Siedenburg H1 im Januar 2012 stillgelegt.
Bohrung |
Meldejahr* |
Jährliche Versenkmenge [m³] |
Kumulierte Versenkmenge [m³] |
Barenburg Z4 |
2007 |
49.332 |
736.656 |
2008 |
45.963 |
782.619 |
|
2009 |
37.463 |
820.082 |
|
2010 |
45.179 |
865.261 |
|
2011 |
1.034 |
866.295 |
|
Buchhorst Z2A |
2007 |
4.778 |
74.194 |
2008 |
4.531 |
78.725 |
|
2009 |
3.618 |
82.343 |
|
2010 |
3.762 |
86.105 |
|
2011 |
1.686 |
87.791 |
|
Groß-Lessen Z1 |
2007 |
29.395 |
163.415 |
2008 |
37.156 |
200.571 |
|
2009 |
38.669 |
239.240 |
|
2010 |
29.828 |
269.068 |
|
2011 |
36.889 |
305.957 |
|
NEAG H1 |
2007 |
23.263 |
822.911 |
2008 |
27.252 |
850.163 |
|
2009 |
26.225 |
876.388 |
|
2010 |
22.921 |
899.309 |
|
2011 |
22.550 |
921.859 |
|
Siedenburg 30 |
2007 |
26.629 |
177.252 |
2008 |
21.619 |
198.871 |
|
2009 |
22.810 |
221.681 |
|
2010 |
22.536 |
244.217 |
|
2011 |
1.971 |
246.188 |
|
Siedenburg H1 |
2007 |
45.085 |
779.996 |
2008 |
48.137 |
828.133 |
|
2009 |
39.832 |
867.965 |
|
2010 |
39.663 |
907.628 |
|
2011 |
47.360 |
954.988 |
* Das Meldejahr ist bohrungsspezifisch und fällt nicht zwingend mit dem Kalenderjahr zusammen.
Die im Kalenderjahr 2012 (Stand 30.06.2012) versenkten Lagerstättenwassermengen sind in nachfolgender Tabelle dargestellt.
Bohrung |
Versenkmenge [m³] |
Barenburg Z4 |
0 |
Buchhorst Z2A |
757 |
Groß-Lessen Z1 |
15.101 |
NEAG H1 |
11.103 |
Siedenburg 30 |
0 |
Siedenburg H1 |
3.401 |
Artikel-Informationen
erstellt am:
28.09.2012