Lies gratuliert der Wintershall Deutschland zum Jubiläum – Minister legt Grundsätze zur künftigen Rohstoffgewinnung in Niedersachsen dar
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies war am heutigen Freitagnachmittag zu Gast bei einem Festakt zum 60-jährigen Bestehen der Deutschland-Aktivitäten der Wintershall. Lies besuchte aus diesem Anlass zunächst die Wintershall Erdölwerke in Barnstorf und anschließend den Festakt im Theater der Stadt Diepholz. Lies gratulierte dem Unternehmen zum Jubiläum und bescheinigte Wintershall, in den vergangenen Jahrzehnten ein Wirtschaftsmotor an den unterschiedlichen Betriebsstandorten gewesen zu sein – und damit mitverantwortlich für die positive wirtschaftliche Entwicklung im Bereich der vergleichsweise strukturschwachen Erdöl- und Erdgasgebiete in Niedersachsen. Wintershall habe den Aufbau der heimischen Erdöl- und Erdgasförderung maßgeblich mitbestimmt und dabei einen wichtigen Beitrag auch zur Versorgungssicherheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland geleistet.
In seiner Rede blickte der Wirtschaftsminister aber nicht nur zurück, sondern vor allem nach vorne. Zwar seien Rohstoffe für den Erhalt der modernen Industriegesellschaft und damit auch für stetiges Wirtschaftswachstum und die Sicherung des Wohlstandes in unserem Land auch künftig unverzichtbar – jedoch dürfe die Erkundung und Gewinnung von Rohstoffen keinesfalls um jeden Preis erfolgen. Der Minister setzte sich beim umstrittenen Thema Fracking für schärfere Maßnahmen ein, als sie gerade in Berlin bei den Koalitionsgesprächen ausgehandelt worden sind.
Lies wörtlich:
„Die Zeiten, in denen die Erdölpioniere auf der Suche nach dem ,schwarzen Gold’ sich gelinde gesagt nur wenig Gedanken über Umweltbeeinträchtigungen machen mussten und von den Bürgerinnen und Bürgern in den heutigen Förderprovinzen zumeist interessiert und erwartungsfroh empfangen wurden, sind zumindest hier in Deutschland unwiederbringlich vorbei. Wenn heute über die Zukunft des Erdöl- und Erdgasbergbaus gesprochen wird, stehen häufig nicht mehr die sichere Versorgung mit heimischen Rohstoffen, sondern die mit diesen Tätigkeiten verbundenen Risiken im Vordergrund. Themen wie Trink- und Grundwasserschutz, Natur- und Landschaftsschutz sowie den Erhalt der Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger stehen deshalb auch für die rot-grüne Landesregierung gleichrangig neben dem Interesse der Rohstoffgewinnung aus heimischen Lagerstätten. Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass für alle Frack-Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung sowie ein öffentliches Beteiligungsverfahren zwingend vorgeschrieben werden. Diese Forderung geht über die Zielsetzungen des in Berlin ausgehandelten Koalitionsvertrages hinaus, der eine UVP nur für Frack-Vorhaben in unkonventionellen Lagerstätten, also beim Schiefergas-Fracking, vorsieht. Die Haltung in Niedersachsen macht deutlich, dass die Landesregierung ihrer besonderen Verantwortung im Erdgasland Nr. 1 Rechnung trägt. Ich werde schnellstmöglich mit der neuen Bundesregierung das Gespräch suchen, die umgehende Änderung des Bergrechts an dieser Stelle einfordern und einen konkreten Vorschlag zur Änderung der UVP-V-Bergbau vorlegen. Den Einstieg in die kommerzielle Erdgasförderung aus unkonventionellen Lagerstätten halte ich derzeit nicht für vertretbar, es müssen zuvor die Chancen und Risiken dieser Energieressourcen von unabhängigen Stellen bewertet werden. Unsere Forderungen zusammengefasst: Erstens ein Moratorium für kommerzielles Schiefergas-Fracking – wobei ich mich nicht gegen wissenschaftliche Forschungsprojekte unter strenger Aufsicht wende – und zweitens eine verpflichtende UVP auch für Fracking aus konventionellen Lagerstätten.“
Minister Lies forderte an zwei weiteren Stellen Änderungen im Bergrecht. Bei Bergschäden, etwa als Folge von Erdbeben, sei eine Umkehr des Anscheinsbeweises bzw. eine Umkehr der Beweislast unabdingbar. Es dürfe nicht mehr ausschließlich Sache des Bürgers sein, im Streitfall nachzuweisen, dass ein Erdbeben zum Beispiel für einen Gebäudeschaden ursächlich war. Vielmehr müsse das rohstofffördernde Unternehmen nachweisen, dass ein Erdbeben nicht Ursache für einen Gebäudeschaden war. Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) habe gerade erst überzeugend dargelegt, dass Rohstoffförderung eine Vielzahl von seismischen Ereignissen in Niedersachsen verursacht hat – diese Tatsache sei der Öffentlichkeit auch richtigerweise bekannt gegeben worden.
Lies dazu weiter:
„Vor diesem Hintergrund ist die Beweislastumkehr unabdingbar, um das Vertrauen in die heimische Erdgasförderung wieder herzustellen. Es kann nicht sein, dass die Regelungen, die für den Steinkohlebergbau gelten, für den Bohrlochbergbau nicht anwendbar sind. Hier muss der Bundesgesetzgeber nachsteuern. Die von mir initiierte Schlichtungsstelle für Bergschäden ist ein wichtiger Schritt, kann das Problem jedoch nicht vollständig lösen.“
Ein weiteres aktuelles Thema für den Minister ist die Verpressung von Lagerstättenwasser. Auch für die Genehmigung dieser Vorhaben sei die Durchführung einer UVP zwingend erforderlich. Darüber hinaus erwarte er von der Industrie, dass diese ihre Anstrengungen zur Verminderung der Verpressmengen deutlich intensiviert und die verbleibenden Restmengen nur noch in die Bereiche verpresst werden, aus denen das Lagerstättenwasser gefördert wurde.
Lies abschließend:
„Mit diesen Forderungen will ich nicht das Ende der Erdöl- und Erdgasindustrie in Niedersachsen einläuten, sondern ihr eine Zukunftsperspektive eröffnen. Wir brauchen offene Kommunikation, transparente Information und Verständnis für die Belange des Anderen. Gerade bei Ereignissen wie jüngst dem Ölunfall in Etzel lernen wir, wie wichtig Transparenz und Kommunikation sind. Dies werden auch zentrale Aufträge für die neue Hausspitze des LBEG sein – unserer Aufsichtsbehörde im Bereich des Bergbaus. Ich gehe fest davon aus, dass wir zum 1. Februar kommenden Jahres das Präsidentenamt dort neu besetzen können.“
Artikel-Informationen
erstellt am:
06.12.2013
Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke
Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Bauen und Digitalisierung
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