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5. Fracking - nicht in Niedersachsen?

Plenum 5. Juni 2015 - Mündliche Anfragen


Abgeordneter Grant Hendrik Tonne (SPD)

Antwort des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr namens der Landesregierung

Vorbemerkung des Abgeordneten

Erdbeben, Wasserverseuchung, Naturzerstörung: Mit Fracking werden auch in Niedersachsen von den Bürgerinnen und Bürgern immense Gefahren in Verbindung gebracht. Die Bürgerinnen und Bürger schließen sich quer durch Niedersachsen zu Bürgerinitiativen gegen Fracking zusammen und sorgen sich um ihre Umwelt, Natur und Gesundheit. Jetzt stellt sich offensichtlich zunehmend heraus, dass diese Methode zur Gewinnung von Gas oder Öl wahrscheinlich auch weit weniger Brennstoff einfährt als gedacht.

Befürworter der Frackingmethoden führen an, dass die angeblich gigantischen Gasressourcen nur durch Fracking nutzbar seien. Geologen der University of Texas, Austin, USA, kamen jüngst jedoch zu einem ganz anderen Urteil: Ab dem Jahr 2020 bereits drohe der Niedergang der amerikanischen Gasproduktion. Fracking entfache demnach gerade mal ein kurzes fossiles Feuer - und drohe damit, eine gigantische, internationale Fehlinvestition zu werden.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Erdgasförderung findet in Niedersachsen unter Beachtung international anerkannter Sicherheitsstandards statt. Dennoch ist die Anwendung dieser Technologie, wie jede andere Technologieanwendung auch, nicht ohne Risiken. So ereigneten sich seit Beginn der Erdgasförderung in Niedersachsen vor über 50 Jahren wiederholt Vorfälle, die zu Umweltbeeinträchtigungen oder auch Personenschäden geführt haben. Diese Vorfälle konnten jedoch nicht ausschließlich auf den Einsatz der sogenannten Frack-Technologie zurückgeführt werden.

Das Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) erstellt jährlich auf der Grundlage von Informationen der geologischen Dienste der Länder sowie der Industrie einen Bericht über die Erdöl- und Erdgasreserven in der Bundesrepublik Deutschland. Entsprechend des aktuellen Kurzberichtes des LBEG über „Erdöl- und Erdgasreserven in der Bundesrepublik Deutschland am 01.01.2015“ betrugen die sicheren[1] und wahrscheinlichen[2] Erdgasreserven bezogen auf den natürlichen Brennwert (Rohgas) bundesweit 88,5 Milliarden Kubikmeter. Damit verringerten sich die Reserven gegenüber dem Vorjahr um 15,1 Milliarden Kubikmeter (- 14,6 %). Dieser Rückgang ist u.a. auf die zunehmende Erschöpfung der heimischen Lagerstätten, Neubewertungen von Reserven sowie den freiwilligen Verzicht der Industrie auf die Anwendung der Frack-Technologie zurückzuführen. Ohne den Einsatz der Frack-Technologie wird es in Niedersachsen angesichts der stetig ungünstiger werdenden geologischen Verhältnisse zunehmend schwieriger, Erdgas zu gewinnen.

Die niedersächsische Landesregierung spricht sich unter Beachtung sehr strenger Umweltauflagen für die weitere Anwendung der Frack-Technologie in konventionellen Lagerstätten aus. Diese Technologie kommt seit mehreren Jahrzehnten bei der technischen und wirtschaftlichen Erschließung von konventionellen Tight-Gas-Lagerstätten zum Tragen, bei denen es sich um sehr dichte und tief im geologischen Untergrund liegende Sandsteinlagerstätten handelt. Im Gegensatz dazu lehnt die Landesregierung den Einsatz der Frack-Technologie bei unkonventionellen Lagerstätten grundsätzlich ab. Dieser Entschluss resultiert vor allem aus Darstellungen verschiedener wissenschaftlichen Gutachten, die zum Thema „Fracking in unkonventionellen Lagerstätten (Schiefer- bzw. Tongestein)“ erstellt worden sind.

1. Wie groß werden die Gasvorkommen aktuell eingeschätzt, die mittels der konventionellen Gasförderung in Niedersachsen noch gewonnen werden können? Welche Vorkommen sind dabei gesichert und welche nicht?

Niedersachsen nimmt zum 01.01.2015 mit einem Anteil von 99 % an den deutschen Erdgasvorkommen (=Reserven) die Spitzenposition in Deutschland ein. Die Reserven der konventionellen Gaslagerstätten in Niedersachen werden von der Industrie wie folgt angegeben:

Sicher

Wahrscheinlich

Gesamt

50,4 Mrd. m³ Rohgas

37,2 Mrd. m³ Rohgas

87,6 Mrd. m³ Rohgas

Zusätzlich werden aktuell von der Industrie im Bereich von konventionellen Erdgaslagerstätten weitere Förderpotenziale von rund 110 Mrd. m³ prognostiziert, davon allein 90 Mrd. m³ in sogenannten Tight-Gas-Lagerstätten, die nur mittels Einsatzes der Frac-Technologie gefördert werden können. Die Mengen wurden jedoch nicht nach Bundesländern aufgeschlüsselt. Es handelt sich hierbei jedoch um sogenannte Ressourcen, also Lagerstätten, deren wirtschaftliche und technische Gewinnbarkeit noch nicht abschließend bewertet ist oder die geologisch noch nicht hinreichend erfasst sind.

2. Wie haben sich die Schätzungen der Gasvorkommen, die mittels konventioneller Gasförderung gewonnen werden, in den letzten 20 Jahren verändert (bitte in Fünfjahresschritten aufschlüsseln)?

In den letzten zwanzig Jahren haben sich die Rohgasreserven in Niedersachsen stark reduziert. Lag der Wert 1995 noch bei 320,9 Milliarden Kubikmeter sank er bis zum Jahr 2015 auf 87,6 Milliarden Kubikmeter ab (- 72,7 %).

Jahr

Rohgasreserven in Niedersachsen Mrd.m3

1995

320,9

2000

327,2

2005

262,0

2010

157,9

2015

87,6

Die Entwicklung der Rohgasreserven seit 1995 stellt sich wie folgt dar:

3. Wie groß werden die Gasvorkommen aktuell eingeschätzt, die mittels der unkonventionellen Gasförderung in Niedersachsen gewonnen werden können, und hat sich diese Zahl im Vergleich der letzten fünf Jahre verändert (bitte jahresweise aufschlüsseln)?

Es gibt derzeit keine Angaben zu den aus unkonventionellen Lagerstätten in Niedersachsen gewinnbaren Erdgasmengen. In einer ersten Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) von 2012 wurden für Deutschland insgesamt bis zu 2,3 Billionen Kubikmeter Rohgas als technisch förderbar genannt. Eine Präzisierung der Abschätzungen wird derzeit bei der BGR erarbeitet.



[1] Menge der Kohlenwasserstoffe in bekannten Lagerstätten, die aufgrund lagerstättentechnischer und geologischer Erkenntnisse unter den gegebenen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen mit hoher Sicherheit (Wahrscheinlichkeitsgrad mindestens 90 Prozent) gewinnbar sind.

[2] Menge der Kohlenwasserstoffe in bekannten Lagerstätten, die - abzüglich der „sicheren Reserven“ - aufgrund lagerstättentechnischer und geologischer Erkenntnisse unter den gegebenen wirtschaftlichen und technischen Bedingungen mit einem angemessenen Wahrscheinlichkeitsgrad (mindestens 50 Prozent) gewinnbar sind.

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Artikel-Informationen

erstellt am:
05.06.2015
zuletzt aktualisiert am:
08.06.2015

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