Was tut die Landesregierung, um die Erreichbarkeit der Nordseeinsel Wangerooge sicherzustellen und zu verbessern?
Die Abgeordnete Ina Korter hatte gefragt:
Seit mehreren Jahren (u. a. beim Besuch des niedersächsischen Umweltministers Hans Heinrich Sander im April 2009) klagt die Inselgemeinde Wangerooge über die sich laufend verschlechternden Fahrwasserverhältnisse im Leitdammbereich Harlesiel–Wangerooge, die keinen Fahrkorridor der Fährschiffe mehr erlauben, der den Bedürfnissen und Ansprüchen des Tourismusstandortes Wangerooge entspricht. So sei die ursprünglich 1989 beim Bau des Leitdamms vorgesehene und ausbaute Sohltiefe des Fahrwassers von NN minus 3 m durch Verschlickung und morphologische Veränderungen auf inzwischen nur noch NN minus 2 m reduziert, was erhebliche negative Auswirkungen auf die Erreichbarkeit der Insel habe. Das Zeitfenster für Besuche von Tagestouristen betrage, bedingt durch die begrenzten Fahrkorridore, nur noch ca. drei Stunden mit entsprechend drastischen Auswirkungen auf den Tagestourismus. So ist nach Angaben der Inselgemeinde in den vergangenen acht Jahren bis 2010 die Zahl der Tagesgäste um jährlich jeweils ca. 30 000 Gäste zurückgegangen, im vergangenen Jahr sogar um ca. 40 000 Gäste, und in diesem Jahr zeichnet sich nach Aussagen des Bürgermeisters ein noch einmal stärkerer Rückgang ab.
Die Wangerooger beklagen, das Fahrwasser im Leitdammbereich werde auch im Vergleich mit den Zufahrten zu anderen Ostfriesischen Inseln nicht ausreichend unterhalten, obwohl der damalige Umweltminister Sander bei seinem Besuch im April 2009 Verbesserungen fest zugesagt hatte. Am 19. Oktober 2010 wandte sich der Bürgermeister der Inselgemeinde nach der Erörterung einer im September 2009 durch das NLWKN erstellten Machbarkeitsstudie deshalb mit einem Brief an den niedersächsischen Umweltminister und forderte, endlich Maßnahmen zu ergreifen, um eine bessere Erreichbarkeit der Insel Wangerooge sicherzustellen. Eine Antwort erhielt die Inselgemeinde Wangerooge bis heute nicht.
Ich frage die Landesregierung:
- Was hat die Landesregierung seit der Erstellung der Machbarkeitsstudie durch das NLWKN (im September 2009) unternommen, um die Erreichbarkeit der Nordseeinsel Wangerooge zu verbessern, und welche der in der Machbarkeitsstudie vorgeschlagenen Maßnahmen hat sie wann und wie umgesetzt, welche nicht und warum?
- Welche Baggerungen wurden seit 2009 im Leitdammbereich Harlesiel–Wangerooge durchgeführt, mit welchen Sohltiefevorgaben und welchen Baggermengen und mit welchem Aufwand (Anzahl und Mengen, Kosten) erfolgten im gleichen Zeitraum Baggerungen im Fahrwasser (Festland–Insel) zu den benachbarten Ostfriesischen Inseln?
- Welche Finanzmittel hat das Land seit 2009 für die Verbesserung der Erreichbarkeit der Insel Wangerooge im Bereich Harlesiel und im Bereich Wangerooge jeweils pro Jahr eingesetzt und ausgegeben, und welche Einnahmen hat das Land in der gleichen Zeit im Bereich Harlesiel und Wangerooge durch Hafengebühren und/oder Liegegebühren oder anderweitige Positionen erzielt (bitte für jedes Jahr getrennt aufgelistet angeben)?
Verkehrsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung am 02.11.2012 wie folgt:
Der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) hat mehrere Außentiefs an der niedersächsischen Küste gemäß § 84 Niedersächsisches Wassergesetz (NWG) i.V.m. § 61 NWG zu unterhalten. Insbesondere zählen dazu das Neßmersieler Außentief, das Neuharlingersieler Außentief und das Wittmunder Außentief, die Teil der Fahrrinnen zu den Inseln Baltrum, Spiekeroog bzw. Wangerooge sind. Die Unterhaltung dient bei den schiffbaren Außentiefs nicht nur dazu, den Wasserabfluss zu gewährleisten, sondern es ist auch dafür zu sorgen, dass der für den Tourismus und die Inselversorgung wichtige Schiffsverkehr im Rahmen der technischen und finanziellen Möglichkeiten gewährleistet wird.
Für das Wittmunder Außentief ist eine Sohlenlage von NN -2,25 m derzeit der denkbar tiefste Unterhaltungszustand. Mit der Nationalparkverwaltung Wattenmeer und dem NLWKN als zuständiger Planfeststellungs- bzw. Genehmigungsbehörde besteht Einvernehmen darüber, dass eine Unterhaltungsbaggerung nur bis zu 25 cm Vertiefung gegenüber dem langjährigen mittleren Schwankungsbereich der Sohlenlage im Wittmunder Außentief (=NN -2,00 m) als naturverträglich und rechtskonform angesehen werden kann. Eine über NN -2,25 m hinausgehende weitere Vertiefung der Fahrrinne wäre eine zulassungsbedürftige wesentliche Veränderung des derzeitigen Zustands bzw. ein Ausbau eines Gewässers.
Für einen weitgehend tidefreien Schiffsverkehr müsste das Wittmunder Außentief auf eine Tiefe von NN -3,00 m ausgebaut werden. Hierzu hat der NLWKN im Jahr 2009 die in der Frage erwähnte Machbarkeitsstudie erstellt. Der Bürgermeister der Gemeinde Wangerooge, Herr Kohls, wurde durch ein Ministerschreiben im Juni 2010 darüber informiert, dass der Ausbau der Fahrrinne wegen der hohen Investitionskosten i.H. der seinerzeit ermittelten 11,6 Mio. Euro sowie erheblichen zusätzlichen Unterhaltungskosten derzeit nicht finanzierbar sei. Ein Ausbau der Fahrrinne wurde nicht zugesagt.
Neben der Zuständigkeit des NLWKN für das Wittmunder Außentief besteht eine Zuständigkeit der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes für die Seewasserstraße/Wattfahrwasser und die Hafenzufahrt, während die Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG (NPorts) für den Hafen Wangerooge zuständig ist.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Regelmäßig im Frühjahr und im Herbst eines Jahres wird der Zustand der Außentiefs durch NLWKN kontrolliert. Im Rahmen der regelmäßigen Unterhaltungsräumungen konnte von 2009 bis 2012 keine größere Sohltiefe erreicht werden als die im langjährigen Mittel realisierte Sohltiefe von NN -2,00 m.
Es wurden bisher keine Maßnahmen aus der Machbarkeitsstudie umgesetzt, weil keine entsprechenden Finanzmittel zur Verfügung stehen.
Die Zuständigkeit der Niedersachsen Ports GmbH & Co. KG (NPorts) erstreckt sich nur auf den Hafen Wangerooge. Hier haben die Wassertiefen zu keinen Einschränkungen bei der Erreichbarkeit der Insel geführt. Eventuell vorkommende punktuelle Mindertiefen werden im Rahmen der regelmäßigen Unterhaltungsbaggerungen beseitigt. Der Hafen Wangerooge wird von der Machbarkeitsstudie nicht berührt.
Zu 2.:
Seit 2009 wurden im Wittmunder Außentief die regelmäßigen Räumbooteinsätze jeweils über mehrere Wochen durchgeführt. Seit Mitte 2010 steht dem Land nur noch ein Räumboot zur Verfügung, so dass die Arbeiten nur noch in stark eingeschränkten Umfang mit dem Räumboot „Hooge Hörn“ erledigt werden konnten. Zur Unterstützung wurden ergänzende Hopper- und Injektionsbaggereinsätze mit dem Saugbagger „Seekrabbe“ von NPorts durchgeführt. Für die 43. Kalenderwoche ist erneut ein Einsatz der „Seekrabbe“ geplant, weil festgestellt wurde, dass die Sohltiefe derzeit stellenweise NN -2,00 m unterschreitet.
Sohltiefenvorgaben können sowohl für die Räumbooteinsätze als auch für die Einsätze der Seekrabbe nicht getroffen werden. Im Rahmen der verfügbaren Schiffskapazitäten und Finanzmittel sowie in Abhängigkeit von den natürlichen Witterungsbedingungen werden die größtmöglichen Sohltiefen angestrebt. Unter diesen Rahmenbedingungen wurde im langjährigen Mittel eine Sohltiefe von NN -2,00 m erreicht. Unter günstigen Bedingungen kann im Zuge der Baggereinsätze eine Sohltiefe von bis zu NN -2,25 hergestellt werden, die sich aber zwischen den Räumintervallen jeweils durch die natürliche Sedimentation wieder auf eine geringere mittlere Sohltiefe einstellt.
Baggermengen können nur für die Sedimentanteile angegeben werden, die im Hopperverfahren aufgenommen und verklappt werden. Die weitaus überwiegenden Sedimentmengen werden bei dem Räumboot durch Verwirbelung mit den Räumschrauben und beim Injektionsverfahren durch Verwirbelung mit Wasserstrahl im Küstengewässer umgelagert. Eine Erfassung der so in das tiefere Wattfahrwasser umgelagerten Sedimentmengen ist nicht möglich.
In der nachfolgenden Übersicht sind die durchgeführten Räum- und Baggermaßnahmen der Jahre 2009 bis 2012 für das Wittmunder Außentief, das Neuharlingersieler Außentief sowie das Neßmersieler Außentief mit Anzahl der Einsätze, Baggermengen (soweit als Verklappungsmenge erfasst) und Kostenaufwand zusammengestellt. Nachfolgende benachbarte Insel- und Inselversorgungshäfen werden von NPorts unterhalten.
Übersicht Außentiefräumung und Baggerung 2009 bis 2012 |
||||||
Anzahl Einsätze |
Kosten Euro |
|||||
Außentief/Jahr |
Räumboote des NLWKN |
Einsätze durch Dritte |
Verklappte Teilmenge m³ |
Räumboote |
Dritte |
|
Wittmunder Außentief |
||||||
2009 |
5 |
3 |
6200 |
41.395 |
74.535 |
|
2010 |
4 |
31.450 |
||||
2011 |
4 |
1 |
1850 |
14.620 |
36.603 |
|
2012 |
2+1 geplant |
1 geplant |
7.609 + |
60.000 |
||
Neuharlingers. Außentief |
||||||
2009 |
3 |
3 |
2200 |
23.460 |
43.216 |
|
2010 |
2 |
11.135 |
||||
2011 |
5 |
1 |
2500 |
38.560 |
19.838 |
|
2012 |
4 |
27.018 |
||||
Neßmersieler Außentief |
||||||
2009 |
3 |
17.744 |
||||
2010 |
3 |
1 |
27.880 |
2.009 |
||
2011 |
5 |
1 |
1500 |
43.348 |
4.107 |
|
2012 |
3 |
2 |
5500 |
10.348 |
66.145 |
Nachfolgende benachbarte Insel- und Inselversorgungshäfen werden von NPorts unterhalten.
Baggerkennzahlen: |
Kosten |
Mengen (nur verklappte Mengen) |
|
Hafen / Hafenzufahrt |
Spiekeroog |
50.000 Euro |
20.000 m3 |
- " - - " - |
Bensersiel |
160.000 Euro |
47.000 m3 |
- " - - " - |
Langeoog |
73.000 Euro |
8.000 m3 |
- " - - " - |
Baltrum |
35.000 Euro |
4.000 m3 |
- " - - " - |
Norderney |
35.000 Euro |
2.500 m3 |
- " - - " - |
Norddeich |
235.000 Euro |
40.000 m3 |
- " - - " - |
Juist (Zufahrt) |
130.000 Euro |
5.000 m3 |
- " - - " - |
Wangerooge |
50.000 Euro |
2.500 m3 |
Zu 3.:
Nachfolgende Ausgaben und Einnahmen von NPorts für den Hafen Wangerooge sind entstanden:
Ausgaben für Baggerungen im Hafenbereich Wangerooge: |
2009, 2010, 2011 |
jährlich ca. 50.000 Euro |
Ausgaben für den Hafen Wangerooge (einschl. Baggerungen, ohne Abschreibungen) |
2009, 2010, 2011 |
jährlich ca. 430.000 Euro |
Einnahmen aus Hafengebühren etc. |
2009, 2010, 2011 |
jährlich ca. 225.000 Euro |
Der Hafen Harlesiel befindet sich im Eigentum des Hafenzweckverbandes Harlesiel. Daher sind dem Land Niedersachsen keine Einnahmen aus Hafengebühren und/oder Liegegebühren zugeflossen.
Im Übrigen wird bezügl. der Schiffbarkeit des Wittmunder Außentiefs auf die Vorbemerkungen verwiesen.
Artikel-Informationen
erstellt am:
09.11.2012