Was versteht Herr Ministerpräsident von den Belangen der niedersächsischen Wirtschaft?
Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 24.01.2014 - TOP 27. Antwort vom Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Gabriela König, Jörg Bode und Horst Kortlang (FDP)
Die Abgeordneten Gabriela König, Jörg Bode und Horst Kortlang (FDP) hatten gefragt:
Die niedersächsische Wirtschaft ist breit aufgestellt und aufgrund ihrer Struktur dadurch besonders krisenfest. Sie ist geprägt durch viele mittelständische Unternehmen und durch industrielle Kerne in der Mobilitäts-, Energie- und Ernährungswirtschaft. Auch die Luft- und Raumfahrt und die Tourismus- und Gesundheitswirtschaft spielen eine bedeutende Rolle in der niedersächsischen Wirtschaftslandschaft. Laut Oldenburgische Volkszeitung vom 8. Januar 2014 sieht sich Herr Ministerpräsident Stephan Weil als Partner der niedersächsischen Wirtschaft, und Wirtschaftsminister Olaf Lies verkündet sogar eine aktive Industriepolitik für das Land. Trotz dieser Vorsätze gibt es keinen Applaus für die Wirtschaftspolitik dieser Landesregierung (Weser-Kurier, 9. Januar 2014).
Nach Einschätzung von Experten führt die Politik der rot-grünen Landesregierung zu Stillstand beim Ausbau der Infrastruktur, insbesondere bei der Planung von Autobahnen, zu stärkerer Belastung der energieintensiven Unternehmen und zur Errichtung hoher Hürden für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, z. B. über das Landesvergabegesetz. Die Landesregierung erhöhe den bürokratischen Aufwand und verstärke den Kontrolldruck, zeitgleich spielt sie die kleinen gegen die großen Unternehmen aus, weil die kleinen und mittelständischen Unternehmen den zunehmenden Aufwand nicht mehr schultern könnten.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Teilt die Landesregierung den Eindruck, dass der bürokratische Aufwand für wirtschaftlich Handelnde, z. B. durch das Landesvergabegesetz, zunimmt, und was gedenkt die Landesregierung gegebenenfalls dagegen zu tun?
2. Was versteht die rot-grüne Landesregierung unter einer aktiven, wettbewerbsfähigen Industriepolitik mit konkurrenzfähigen Energiepreisen, wenn in der Präambel der Koalitionsvereinbarung von der Notwendigkeit eines grundlegenden Umbaus unserer Industriegesellschaft gesprochen wird?
3. Da die Landesregierung erklärt, hat sich für den Standort Niedersachsen einsetzen zu wollen, bei welche infrastrukturpolitischen Maßnahmen im Bereich des Aus- und Neubaus von Wasserwegen, Autobahnen und Schienenverbindungen, Logistikstandorten und Leitungsbauten versucht die Landesregierung in den kommenden vier Jahren den Baubeginn zu erreichen?
Der Minister für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr Olaf Lies beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:In der Präambel des zitierten Koalitionsvertrages steht:
„Die Knappheit der natürlichen Ressourcen, die Gefahr des globalen Klimawandels und die notwendige Wende hin zu einer sauberen und sicheren Energieversorgung machen einen grundlegenden Umbau unserer Industriegesellschaft und eine nachhaltige Landwirtschaftspolitik notwendig.“
Damit sind die Herausforderungen, die einen grundlegenden Umbau erfordern, wenn die Industrie nachhaltig und wettbewerbsfähig bleiben soll, klar benannt.
Die Landesregierung verfolgt eine aktive Industriepolitik, die eine effiziente, nachhaltige und intelligente Industrieentwicklung unterstützt.
Die in Niedersachsen starken Branchen Mobilitätswirtschaft, maritime Verbundwirtschaft, Energiewirtschaft, Ernährungswirtschaft, Luft- und Raumfahrtindustrie, soziale Gesundheitswirtschaft und Tourismus stehen dabei im besonderen Fokus.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:
Zu 1.:
Nein.
Zu 2.:
Wesentliche Ziele der aktiven Industriepolitik der Landesregierung sind:
- die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrieunternehmen, z.B. durch wettbewerbsfähige Energiekosten, die Verbesserung der Energieeffizienz und der Standortqualität,
- die Sicherung und Förderung der industriellen Arbeitsplätze,
- die Sicherung der Fachkräftebasis,
- Unterstützung bei Innovationen und neuen Technologien,
- Unterstützung von Branchen und Technologien mit hohem Wachstumspotential.
Als aktuelle Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele werden beispielhaft genannt:
- der gemeinsame Kampf - zusammen mit der Bundesregierung - zum Erhalt einer angemessenen EEG-Umlage-Privilegierung von stromintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen,
- der Kampf um Erhalt und Perspektiven der Arbeitsplätze in der Offshore-Windenergie-Industrie und der niedersächsischen Werften,
- der Einsatz für faire Lohn- und Arbeitsbedingungen in der niedersächsischen Fleischindustrie,
- die Förderung von Arbeitsplatz schaffenden Investitionen in Industrieunternehmen im Rahmen der GRW-Förderung,
- die Unterstützung der niedersächsischen Industrieunternehmen durch Landesinitiativen, Netzwerke und Clusterförderung,
- die aktive Unterstützung von Unternehmen in Krisensituationen z.B. durch Bürgschaften,
- die Wahrnehmung der Landesinteressen im Aufsichtsrat der Volkswagen AG z.B. in Bezug auf das jüngst verabschiedete Investitionsprogramm des Unternehmens, das auch die Zukunft der niedersächsischen Standorte absichert,
- die Wahrnehmung der Landesinteressen im Aufsichtsrat der Salzgitter AG mit dem Ziel weitest möglicher Arbeitsplatzsicherung bei der notwendigen Umstrukturierung,
- die Erarbeitung eines Fachkräftesicherungskonzepts zusammen mit den Arbeitsmarktpartnern,
- der Start des Landesförderprogramms „Zweite Chance“,
- ein vertiefter Dialog mit den wichtigsten Branchen und deren Sozialpartnern,
- die Neuaufstellung der EFRE-Förderung in der kommenden Förderperiode unter Berücksichtung der EU-Ziele und der o. g. Ziele,
- Erhalt und Ausbau einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur.
Zu 3.:
Die Landesregierung setzt sich für den Erhalt und Ausbau einer leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur ein. Leitbild ist dabei eine möglichst klimagerechte Mobilität.
Die Landesregierung hat sich in der Koalitionsvereinbarung dazu bekannt, den Verkehr verstärkt auf umweltfreundlichere Träger zu verlagern. Daher wird die Landesregierung vermehrt in die Schieneninfrastruktur investieren. Das von der Landesregierung initiierte Untersuchungsverfahren zur Reaktivierung von Schienenstrecken für den Personennahverkehr, an dessen Ende die Reaktivierung von Strecken stehen wird, belegt dies. Neben der Modernisierung und dem Ausbau von zahlreichen niedersächsischen Bahnstationen ist ein weiteres Beispiel für den Ausbau der Schieneninfrastruktur der in den nächsten zwei Jahren angestrebte Baubeginn des Mittelabschnittes (Walsrode – Soltau) der Schienenstrecke Bennemühlen – Buchholz (Nordheide) mit dem Ziel diese Strecke für Tempo 120 km/h auszubauen. Durch diese Infrastrukturmaßnahme wird die Nutzung des schienengebundenen Personennahverkehrs in dieser Region deutlich attraktiver.
Zum Ausbau des Schienengüterverkehrs strebt die Landesregierung folgende Baubeginne an: die noch nicht begonnenen Abschnitte der Bahnstrecke Oldenburg-Wilhelmshaven, einzelne Maßnahmen im Knoten Hamburg, den zweigleisigen Ausbau der Strecke Uelzen-Stendal und der Weddeler Schleife. Dazu kommen Ausbaumaßnahmen bei Nichtbundeseigenen Eisenbahnen auch in Kombination mit der Bundesförderung.
In Bezug auf den Bundesverkehrswegeplan Teil Straße hängt die Frage der Baubeginne von den Mittelzuweisungen des Bundes ab. Über die Anmeldungen der Maßnahmen gegenüber über dem BMVI wird jährlich unter Beachtung der Anmeldefristen entschieden. Dabei stehen die Projekte mit unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlüssen im Fokus. Diese sind die B 3 Ortsumgehung (OU) Hemmingen, die B 241 Bollensen-Wolpriehausen, die B 243 südlich Bad Sachsa bis zur Landesgrenze Thüringen, die
B 211 Mittelort-Brake, die B 1 OU Coppenbrügge, die B 210 Verlegung südlich Emden, die B 403 OU Nordhorn, die B 64 OU Negenborn und der sechsstreifige Ausbau der A 7 zwischen der Anschlussstelle Echte bis Nordheim Nord.
Bezüglich der Hafeninfrastruktur sind nach aktuellem Stand zu folgenden Maßnahmen Baubeginne durch NPorts geplant: in Emden der Dalbenliegeplatz, in Brake der Südpier, in Wangerooge die Erhöhung der Buhne West und in Cuxhaven die Erneuerung der Schieneninfrastruktur im Hafen.
Bei den Wasserstraßen wird mit der Fortsetzung der geplanten Uferrückverlegungen im Bereich der Mittelweser gerechnet.
Für die Logistik sind die o. g. Infrastrukturmaßnahmen aller Verkehrsträger, insbesondere der Straße nützlich. Darüber hinaus werden Einzelmaßnahmen in GVZ und Binnenhäfen erwartet.
Die Landesregierung unterstützt die Kommunen beim Ausbau der Breitbandinfrastruktur. Dazu sollen den Kommunen in der zukünftigen EU-Förderperiode bis 2020 mindestens 50 Mio. Euro für den Breitbandausbau zur Verfügung gestellt werden.
Und last but not least: Netzausbau ist die zentrale Voraussetzung für das Gelingen der Energiewende. Im Vordergrund steht dabei die Verstärkung und Erweiterung des bestehenden Verbundnetzes durch den Ausbau der 380 kV-Höchstspannungsleitungen. Niedersachsen ist in besonderem Maße vom Netzausbau betroffen, da eine Vielzahl von Offshore-Windparks den Strom in Niedersachsen anlandet. Dieser Strom aus regenerativen Erzeugungsanlagen muss in die Lastzentren im Süden und Westen Deutschlands weitergeleitet werden.
Artikel-Informationen
erstellt am:
24.01.2014
Ansprechpartner/in:
Herr Stefan Wittke
Nds. Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Bauen
Pressesprecher
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