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„Was wurde an Schadstoffen von der „MSC Flaminia“ transportiert, und für wen sind die mitgeführten Gefahrgüter bestimmt?“

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 28.09.2012 - TOP 39. Antwort von Wirtschaftsminister Jörg Bode auf die mündliche Anfrage der Abgeordneten Kreszentia Flauger (LINKE)


Die Abgeordnete Kreszentia Flauger (LINKE) hatte gefragt:

Die Havarie der „MSC Flaminia“ wirft nach Experteneinschätzung ein Schlaglicht auf Mängel der EU-Richtlinie zur Überwachung des Seeverkehrs und deren Umsetzung im Rahmen der Zusammenarbeit bei Schiffsunglücken in den Hoheitsgewässern der EU-Mitgliedstaaten. Das „Ende der Irrfahrt“ im JadeWeserPort in Wilhelmshaven beendet aber nicht zugleich die strittigen Fragen beispielsweise nach dem Umgang mit den 20 000 t kontaminierten Löschwassers oder den sich über Monate hinziehenden Beeinträchtigungen am JadeWeserPort durch Sicherheitszonen, Überflugverbot und dergleichen. Erschwerend bei der Bewertung der Schiffshavarie wirkte nach Medieninformationen auch, dass es teilweise unterschiedliche Angaben zum Zielhafen (Antwerpen/Bremerhaven) der „MSC Flaminia“ gegeben habe.
Nach IMDG-Code (International Maritime Code for Dangerous Goods) klassifizierte Handelsware sei im Seeverkehr aus Sicherheitsgründen grundsätzlich an Deck, also oberhalb der umschlossenen Laderäume, zu verladen. Ob dies bei der „MSC Flaminia“ auch der Fall gewesen ist, sei laut Expertenmeinung angesichts des bis tief in den Schiffsrumpf hinein ausgebrannten Laderaums IV fraglich. Die Untersuchungen durch die zuständigen Fachleute müssten daher mit größtmöglicher Transparenz unter Hinzuziehung neutraler Beobachter erfolgen.

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie kam es dazu, dass in Europa verbotene Chemikalien von den USA nach Europa (Ant-werpen/Bremerhaven) verschifft werden?
  2. Warum ist die vollständige Pack- und Ladeliste der „MSC Flaminia“ entgegen anderslautenden Berichten bis heute nicht veröffentlicht?
  3. Wer sind die Empfänger der laut Presseberichten in insgesamt 151 Gefahrgutcontainern u. a. mitgeführten Stoffe: weißer Phosphor - ein Kampfstoff -, Nitromethan - ein Raketentreibstoff - sowie der Chemikalien Tetrafluorethan - ein unter der Bezeichnung R134a in Europa verbotenes Kältemittel - und polychlorierter Biphenyle (PCB)?

Wirtschaftsminister Jörg Bode beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Das „MSC Flaminia“ ist am 14.07.2012 auf See in Brand geraten. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich insgesamt 153 Container mit Gütern an Bord, die nach den Vorgaben des Internationalen Codes für die Beförderung von Gefahrgütern über See (IMDG-Code, International Maritime Code for Dangerous Goods) als Gefahrgüter einzustufen und zu transportieren waren. Im Verhältnis zu der Gesamtzahl der Container, die sich bei Brandausbruch an Bord befanden, ist diese Anzahl der mit Gefahrgut beladenen Container nicht ungewöhnlich. Von den 153 genannten Containern sind insgesamt 95 verbrannt oder durch Hitze und Rauch unterschiedlich stark beschädigt. Für die verbleibenden Container ist es beabsichtigt, diese in Wilhelmshaven zu entladen. Abhängig von der Beschädigung der Ladung in den Containern ist dann durch die Ladungsbeteiligten und/oder Versicherungen zu entscheiden, wie weiter damit zu verfahren ist. Sämtliche Container waren ursprünglich nicht für Wilhelmshaven bestimmt.
Derzeit werden auf dem Schiff u.a. noch Ermittlungsarbeiten zu den Brandursachen durchgeführt. Es ist davon auszugehen, dass dabei sachgerecht vorgegangen wird. Anzumerken bleibt in diesem Zusammenhang, dass der IMDG-Code keine generelle Regelung enthält, dass mit Gefahrgut beladene Container zwingend an Deck eines Schiffes zu verladen sind. Wo solche Container zu verstauen sind hängt von den jeweiligen Gefahrenklassen der Güter sowie der Verpackung ab. Dabei kann es Gefahrgüter geben, die nur an Deck zu verstauen sind. Es ist aber durchaus möglich, andere Gefahrgüter auch unter Deck in Laderäumen zu stauen.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:
Der Hafenbehörde liegt seit dem 24.08. eine Liste der mit Gefahrgütern beladenen Container vor, die sich vor dem Brand an Bord der „MSC Flaminia“ befanden. Die Stauplätze dieser einzelnen Container an Bord, in denen sich die Gefahrgüter befanden sind der Hafenbehörde gleichfalls seit dem 24.08. bekannt. Im Zusammenhang mit der Brandbekämpfung erfolgte eine Gefährdungseinschätzung durch das Havariekommando. Derzeit liegen keine Anhaltspunkte vor, dass mit der Ladung der „MSC Flaminia“ gegen geltendes Recht verstoßen wurde. Es ist jedoch Angelegenheit der am jeweiligen Ladungsgeschäft beteiligten Parteien, notwendige Aus- oder Einfuhrgenehmigungen einzuholen, die wiederum durch die zuständigen Stellen im jeweiligen Be- oder Entladehafen kontrolliert werden.

Zu 2.:
Wie bereits erläutert waren den zuständigen Stellen die Einzelheiten zu den Gefahrgütern rechtzeitig vor dem Einlaufen bekannt. Daraufhin wurden alle notwendigen Maßnahmen getroffen, um dem Schiff das sichere Einlaufen in den Hafen zu ermöglichen und eine Gefährdung Unbeteiligter auszuschließen. Es gab und gibt darüber hinaus keine Veranlassung, Listen oder andere detaillierte Informationen zu den Gefahrgütern oder sonstiger an Bord befindlicher Güter an Dritte, die nicht an der Abwicklung des Schadensfalls oder am Ladungsgeschäft beteiligt sind, weiter zu leiten oder gar zu veröffentlichen.

Zu 3.:
Die Versender und Empfänger der Ladungen sind den verschiedenen europäischen, in- und ausländischen Behörden bekannt und haben dort die jeweils notwendigen Unterlagen für die Erteilung der Einführgenehmigung vorgelegt. Diese wurden geprüft und die Einfuhrgenehmigung erteilt. Die Stoffe wurden rechtmäßig deklariert, nach heutigem Stand ordnungsgemäß verpackt und an Bord gestaut. Von daher ist von der Rechtmäßigkeit der Transporte auszugehen. Hinzuweisen ist beispielsweise auf die PCB-haltigen Abfälle; diese sollten in Europa einer fachgerechten Entsorgung zugeführt werden, die im Absenderland nicht möglich war. Das notwendige Notifizierungsverfahren gemäß dem Basler-Abkommen wurde durchlaufen.

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erstellt am:
28.09.2012

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